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Desaster im Vergleich

Eine internationale Tagung untersucht Parallelen zwischen Fukushima und Tschernobyl.

13.08.2012
© Goethe-Universität Frankfurt am Main

Nicht nur in Japan ist Fukushima allgegenwärtig. Auch deutsche Wissenschaftler beschäftigen sich mit der Atomkatastrophe. Das Interdisziplinäre Zentrum für Ostasienstudien (IZO), eine fächerübergreifende wissenschaftliche Einrichtung der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, hat im März zusammen mit dem „Gießener Zentrum östliches Europa“ die internationale Konferenz „Comparing Fukushima and Chernobyl: Social and Cultural Dimensions of the Two Nuclear Catastrophes” veranstaltet.

Rund 20 internationale Forscher kamen zusammen, um die Atomunfälle Fukushima und Tschernobyl sowie ihre sozialen und kulturellen Folgen zu vergleichen. Dabei stießen sie zum Teil auf frappierende Ähnlichkeiten in Verlauf und Umgang: „Die Informationspolitik aller Atomstaaten ist ähnlich. Sie wollen die Dramatik eher verdecken“, sagt Steffi Richter. Die Japanologie-Professorin, die heute an der Universität Leipzig lehrt, war beim Super-GAU im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl 30 Jahre alt. Sie ist der Ansicht, dass die offiziellen Stellen die Bevölkerung in beiden Fällen nicht umfassend genug informiert hätten.

Einen deutlichen Unterschied im öffentlichen Umgang mit der Katastrophe vom 11. März 2011 im Vergleich zum Reaktorunglück in der Ukraine sieht hingegen der japaner Arata Takeda: „Fukushima ist eine Katastrophe im Internetzeitalter“, betonte der Literaturwissenschaftler von der University of Chicago. Heute funktioniere die Politik des Verschweigens nicht mehr. Arata Takeda hat die Stimmenvielfalt in den Blogs und Internetforen beeindruckt, in denen sich Betroffene, Wissenschaftler, Künstler, Intellektuelle in Japan und aus aller Welt über den Reaktorunfall ausgetauscht haben.

Diese Einschätzung bestätigte auch Lisette Gebhardt, Japanologin an der Goethe-Universität: Sie berichtete von der „Gegenöffentlichkeit“, die sich in Japan etabliert habe. Studierende und Dozenten der Japanologie aus Frankfurt, Leipzig und Zürich haben deshalb eine „Textinitiative Fukushima“ im Internet gestartet. Hier stellen sie übersetzte Beiträge japanischer Autoren ein. Übersetzt und kommentiert werden sollen Beiträge aus den Wissenschaften, aus dem Journalismus, der Politik, der Kunst, der Literatur, der Philosophie oder der Popkultur: also Aktuelles, Tiefgründiges, Diskussionswürdiges zu den Katastrophen und ihren Kontexten.