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Wo Deutschland chinesisch ist

Pagoden, Teehäuser und sogar ein ganzes Dorf: Fünf Orte, wo chinesische Kultur und Architektur lebendig werden – mitten in Deutschland.

Autorin Julia KanningJulia Kanning , 30.04.2025
Chinesischer Garten der Ruhr-Universität Bochum
Chinesischer Garten der Ruhr-Universität Bochum © picture alliance / Rupert Oberhäuser | Rupert Oberhäuser

Oase der Ruhe: Der Chinesische Garten der Ruhr-Universität Bochum

Mitten auf dem Campus der Ruhr-Universität Bochum liegt eine Welt der Ruhe und Inspiration: der chinesische Garten „Qian Yuan“. Auf rund 1.000 Quadratmetern wachsen Pfirsichbäume, Chrysanthemen und ein blutroter Ahorn; ein Wandelgang im Zickzack führt vorbei an Wasserspielen und Pavillons, an schroffen Felsen und einer kleinen Hütte. Der Garten mit dem großen Teich im Zentrum wurde 1990 als Geschenk der Tongji-Universität Shanghai anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Ruhr-Universität eröffnet. Mit seiner klaren Struktur folgt er dem südchinesischen Stil eines Gelehrtengartens mit schlichten Materialien und sanften Farben. Der Name „Qian Yuan“ – „Garten des Dichters Qian“ – verweist auf die Vision des berühmten chinesischen Dichters Tao Qian: das Erschaffen einer harmonischen Verbindung zwischen Mensch und Natur.

Märchenlandschaft hinter Mauern: Der Chinesische Garten in Frankfurt am Main

Der Chinesische Garten in Frankfurt am Main
Der Chinesische Garten in Frankfurt am Main © picture alliance / Zoonar | Dieter Meyer

Wer den Garten in Bochum kennt – klar und systematisch aufgebaut –, wird in Frankfurt überrascht: Im Bethmannpark im Nordend entfaltet sich fernöstliche Gartenkunst in märchenhafter Verspieltheit. Hinter einer dicken, weißen Mauer verbirgt sich ein 4.000 Quadratmeter großer „Frühlingsblumenort“, ein Garten-Wunderland mit Pavillons, Brücken und Felsformationen. Weitläufige Wege schlängeln sich durch die üppige Vegetation. Der „Garten des Himmlischen Friedens“ wurde 1989 nach dem Vorbild traditioneller Gärten aus Huizhou in der Provinz Anhui angelegt. Die Anlage entstand in nur fünf Monaten – Gärtner, Facharbeiter und Material kamen aus China. Jedes Detail folgt der Philosophie der „sieben Harmonieelemente“: Himmel, Erde, Wasser, Stein, Pflanzen, Tiere und Bauwerke sollen im Einklang sein. Dazu gehören typische Elemente wie der steinerne Ehrenbogen, die „Brücke des halben Bootes“, der „jaspisgrüne Teich“, der „Wasserpavillon des geläuterten Herzens“ und die klassische Zickzackbrücke. Nach einem Brandanschlag 2017 auf den Wasserpavillon wurde dieser wieder aufgebaut und der Garten 2019 wiedereröffnet.

Fernöstliche Fantasie: Das Chinesische Haus im Park Sanssouci in Potsdam

Chinesisches Haus im Park Sanssouci in Potsdam
Chinesisches Haus im Park Sanssouci in Potsdam © AdobeStock

Gleich fünf Wege führen im Park Sanssouci zu einem Bauwerk, das wie aus einer Fantasiewelt entsprungen wirkt: das Chinesische Haus. Friedrich der Große ließ es ab 1755 errichten – als architektonische Manifestation seiner Faszination für das Fernöstliche. Damit entstand in Potsdam ein Bauwerk, das nicht nur den Dekorationsstil der Chinoiserie verkörpert, sondern auch Stilelemente aus Ostasien mit denen des europäischen Rokoko verbindet. Der Grundriss des Pavillons ist kleeblattförmig, das Dach geschwungen, die Säulen sind vergoldeten Palmen nachempfunden. 

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Umgeben ist das Teehaus von lebensgroßen Figuren: Sie trinken, musizieren, essen – als hätte die Zeit sie dort vergessen. Das Innere ist ebenso prachtvoll: grüner Stuckmarmor, ein goldener Kronleuchter und ein aufwendig gestaltetes Deckenbild. Wer nach oben schaut, sieht Chinesen beim Plaudern und Flanieren, begleitet von Affen und Papageien. Dabei handelt es sich heute wie damals vor allem um eine kunstvolle Projektion europäischer Sehnsucht nach dem fernöstlichen Fremden. 

Hoch hinaus: Die Chinesische Pagode im Schlosspark Oranienbaum

Chinesische Pagode im Schlosspark Oranienbaum
Chinesische Pagode im Schlosspark Oranienbaum © KsDW, Heinz Fräßdorf

Chinesische Architektur findet sich nicht nur in Großstädten. Auch im Schlosspark Oranienbaum in Sachsen-Anhalt steht ein eindrucksvolles Zeugnis fernöstlicher Inspiration: Hier steht eine der ältesten chinesisch inspirierten Pagoden Deutschlands. Ursprünglich dienten Pagoden in China der Aufbewahrung buddhistischer Reliquien. Die Oranienbaumer Version hingegen wurde von 1793 bis 1797 im Auftrag von Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau als Aussichtsturm errichtet. Fünf Stockwerke hoch ragt der achteckige Turm gen Himmel. In der Sonne funkelt die Fassade backsteinrot, goldene Details zieren die verschiedenen Dächer. Im Inneren erwarten die Besucher kunstvollbemalte Wände mit Palmenmotiven, dazwischen windet sich eine hölzerne Treppe empor. Der Aufstieg – nur zu besonderen Anlässen möglich – führt zu einer Plattform mit herrlicher Aussicht über den umliegenden englisch-chinesischen Garten. 

Little China im Hunsrück: Das Dorf Hoppstädten-Weiersbach

Im Hunsrück, zwischen Frankfurt und Trier, hat sich in den vergangenen Jahren ein echtes „Little China“ entwickelt. In Hoppstädten-Weiersbach – einst Standort einer US-Kaserne – schmücken heute chinesische Schriftzeichen Gebäude und auf den Straßen wird gleichermaßen Deutsch und Chinesisch gesprochen. 2011 begannen Jane Hou aus Shenzhen und ihr deutscher Ehemann Andreas Scholz, die ehemalige Militärsiedlung in ein Wohn- und Handelszentrum umzuwandeln – und gezielt Chinesen anzusprechen. Innerhalb weniger Jahre siedelten sich mehrere hundert chinesische Investoren an – und mit ihnen ihre Mitarbeitenden und Familien. Ihre Kultur haben sie natürlich mitgebracht: chinesische Bräuche, Feste und Sprache gehören inzwischen ganz selbstverständlich zum Alltag in Hoppstädten-Weiersbach.