Zum Hauptinhalt springen

Hightech für alle

Über den Dächern Berlins mit Schlüsselpersonen der Digitalszene und auf ein Gespräch unter modernen Erfindern im „Fab Lab“ – internationale Start-up-Gründer, Blogger und Onlinejournalisten zu Gast in Deutschland.

Helen Sibum, 29.08.2016
Im Coworking Space mit Andreas Gebhard von der republica
Im Coworking Space mit Andreas Gebhard von der republica © Initiative Musik/Markus Werner - In a coworking space with Andreas Gebhard (republica)

Vincent Frederick Dancel lädt ein zu einem Gedankenspiel. „Was würden Eltern über Kinderbücher sagen, wenn Apps zuerst dagewesen wären, und nicht andersherum?“, fragt der junge Mann aus Manila und blinzelt in die Berliner Sonne. Die Antwort gibt er gleich selbst: „Sie fänden sie langweilig, unpraktisch, schwer.“ Hier oben, auf einem Balkon über den Dächern von Prenzlauer Berg, einem der angesagtesten Stadtteile Berlins, klingt das sehr überzeugend. Bei den Umstehenden trifft Dancel denn auch auf Zustimmung – kein Wunder: Wie der philippinische Start-up-Gründer, der spielerische Lern-Apps entwickelt, beschäftigen alle hier sich beruflich mit digitalen Medien. Im Rahmen des Besucherprogramms der Bundesrepublik Deutschland reisen sie eine Woche lang nach Berlin und Köln, um die Spielemesse Gamescom zu besuchen und sich mit deutschen Experten über neue Entwicklungen und die digitale Gesellschaft auszutauschen.

Internationale Digitalkonferenz re:publica

Der Balkon gehört zu einem sogenannten „Coworking Space“, einem Raum für die gemeinsame Arbeit an – häufig digitalen – Projekten, wie sie in Deutschland zunehmend entstehen. Drinnen haben sich zuvor einige Schlüsselpersonen der deutschen Digitalszene vorgestellt, darunter Markus Beckedahl vom Blog netzpolitik.org und Andreas Gebhard, Geschäftsführer und Mitgründer der Webkonferenz re:publica. Im Rahmen des jährlichen Treffens in Berlin gibt es auch ein „Global Innovation Gathering“ mit Vertretern von Technologie- und Innovationszentren weltweit. „Wir wollen sicherstellen, dass die re:publica eine internationale Veranstaltung ist“, so die Macher. Dieses Jahr kamen Gäste aus mehr als 60 Ländern. „Wir hoffen, 2017 auch einige von euch dort zu sehen!“

Shradha Sharma möchte bei der nächsten re:publica auf jeden Fall dabei sein. In ihrer Heimat Indien organisiert sie ein ähnliches Treffen – als Ableger ihrer erfolgreichen Medienplattform „YourStory.com“. Mehr als 20.000 Start-ups nutzen sie , um ihre Geschichten zu erzählen und Kontakte zu Partnern und Investoren zu knüpfen. Mit ihrem Business-Netzwerk gehört die frühere Journalistin Sharma laut dem Karriereportal LinkedIn zu den 500 wichtigsten „Influencern“ weltweit. Auch in Deutschland hofft sie auf wertvolle Kontakte und hat gleich mal ein Treffen mit Verlegern organisiert. Ob es irgendwann „YourStory Deutschland“ gibt? „Wir werden sehen“, sagt Sharma lächelnd.

Ideen und Programmiercodes teilen

Erfolgsgeschichten kann auch mancher erzählen, der im „Fab Lab Berlin“ seine Ideen umsetzt. Die moderne Entwicklungswerkstatt ist das nächste Ziel der Besuchergruppe, die hier kaum auffällt: lauter junges, internationales Publikum läuft zwischen den offenen Arbeitsbereichen hin und her, blickt gemeinsam auf Computerbildschirme und Konstruktionspläne. Die meisten der rund 800 Mitglieder des Fab Lab kommen hierher, um die hochwertigen Maschinen zu nutzen, die das Labor ihnen bietet: 3D-Drucker, Laserschneidegeräte und mehr. Sie kommen aber auch, um ihre Ideen gemeinsam mit anderen weiterzuentwickeln. „Wir glauben an Open Source“, sagt Daniel Heltzel vom Fab Lab, an das Öffentlichmachen von Programmiercodes also – auf dass Produkte und Anwendungen ständig weiterentwickelt und verbessert werden. Von einfachem digitalen Spielzeug bis zu aufwändigen Systemen für Kläranlagen ist im Fab Lab schon vieles entstanden.

Chukwuemeka Fred Agbata ist begeistert von diesem Ort. „Was kann ich tun, um in Nigeria ein Fab Lab zu eröffnen?“, will der Blogger, Moderator und Journalist wissen. „Such‘ dir Sponsoren – es gibt in der Wirtschaft eine große Offenheit für solche Ideen“, empfehlen die Verantwortlichen des Berliner Tüftlerzentrums. „Oder schließ‘ eine Partnerschaft mit einer Universität.“  Das Berliner Fab Lab selbst arbeitet eng mit dem Unternehmen Ottobock zusammen, das Prothesen und andere Produkte herstellt, die neue Mobilität ermöglichen. Ein Team aus Ingenieuren und Robotikexperten des Fab Lab bietet technische Beratung für Ottobock, aber auch für andere Unternehmen an. Dank der Einnahmen könne man die Nutzerbeiträge gering halten. Das Ziel: „Freier Zugang zu Technologie für alle“.

Zum Blog

Mehr zum Besucherprogramm der Bundesrepublik Deutschland