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Vielfalt der Blicke

Die von Lana und Andy Wachowski sowie Tom Tykwer realisierte Serie „Sense8“ steht für Ideenreichtum und Grenzüberschreitung.

Nina Rehfeld, 01.10.2015

Es war einmal, dass das Fernsehen als Arena seichter Unterhaltung einen zweifelhaften Ruf in der Popkultur genoss. Nicht mehr – gerade amerikanische Fernsehserien verhandeln längst komplizierte Geschichten, vielschichtige Figuren, faszinierende Themen. Um nur einige zu nennen: „Breaking Bad“ erzählte von einem Mann in der Krise, der zum Drogendealer und Monster wird. „Mad Men“ zeichnete ein Sittenbild der amerikanischen 1960-Jahre. Und der düstere Krimi „True Detective“ wälzte in einer schwierigen Männerfreundschaft existenzielle Fragen um. Der Schriftsteller Salman Rushdie brachte es auf den Punkt, als er vor vier Jahren sagte, Fernsehdrama habe den Film und sogar den Roman als Umschlagplatz großer Ideen abgelöst.

Ein ganz aktuelles Beispiel ist die Netflix-Serie „Sense8“, deren erste Staffel die Wachowski-Geschwister, Macher der „Matrix“-Trilogie und der Roman-Adaption „Cloud Atlas“, in Zusammenarbeit mit dem deutschen Regisseur Tom Tykwer („Lola rennt“) realisierten. Eine Hauptrolle spielt der deutsche Schauspieler Max Riemelt, der in „Sense8“ als Safeknacker mit ungelösten Konflikten mit seinem verstorbenen Vater zu sehen ist.

„Sense8“ ist ein ungeheuer ambitioniertes Projekt, beseelt von einer radikalen Idee und realisiert mit immensem logistischen Aufwand: Die Serie handelt von acht jungen Menschen auf fünf Kontinenten – darunter eine DJane, ein heimlich schwuler Filmstar, eine Studentin, ein Minibusfahrer, eine Kampfsportlerin, ein Polizist und eine transsexuelle Aktivistin – die plötzlich eine so intensive Verbindung zueinander verspüren, dass sie in die Lebenswelten der jeweils anderen eingreifen können. „Es geht um den Gedanken, dass wir alle miteinander verbunden sind“, sagt der Filmemacher J. Michael Straczynski, der das Konzept mit den Wachowskis entwickelte. Die Serie wurde an Originalschauplätzen in Berlin, Mumbai, Chicago, San Francisco, London, Reykjavik, Nairobi und Seoul gedreht.

Über die künstlerische Beziehung zu Tom Tykwer sagt Lana Wachowski: „Es gibt zwischen uns eine intensive und ganz besondere Verbindung, über Grenzen und Kontinente hinweg.“ Tykwer hatte mit den Wachowskis bereits an der Musik für die „Matrix“-Filme zusammengearbeitet und mit ihnen den hochkomplexen „Cloud Atlas“ realisiert. Für „Sense8“ inszenierte Tykwer die Episoden in Berlin und in Nairobi, und er schrieb erneut die Musik. Berlin spielt auch im Leben der Wachowskis eine besondere Rolle. Die Filmemacher haben eine Wohnung im Stadtteil Tiergarten. „Berlin ist die tollste Stadt der Welt“, sagt Lana Wachowski. ▪