Chanukka in Berlin: Licht in dunkler Zeit
Chanukka wird in Berlin in diesem Jahr unter Polizeischutz gefeiert. Rabbiner Mendel Brandwine spricht über Sichtbarkeit und jüdisches Leben.
Es ist ein kalter Sonntagabend in Berlin, als mit der Entzündung der ersten Kerze am Brandenburger Tor das jüdische Lichterfest Chanukka beginnt. Hunderte Menschen haben sich auf dem Pariser Platz versammelt, um die Zeremonie zu verfolgen. Rund um das Tor sichert die Polizei die Veranstaltung ab, Blaulicht spiegelt sich auf den Pflastersteinen.
Die Feier steht unter dem Eindruck des Anschlags in Australien. Bei einer Chanukka-Veranstaltung am Bondi Beach in Sydney wurden wenige Stunden zuvor 16 Menschen getötet, zahlreiche weitere verletzt.
Für Rabbiner Mendel Brandwine von der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin ist die öffentliche Präsenz in diesem Jahr keine Selbstverständlichkeit. Der aus den USA stammende Rabbiner war zuletzt unter anderem für die mobile Synagoge von Chabad Lubawitsch verantwortlich, mit der das Jüdische Bildungszentrum bundesweit unterwegs ist. „Viele Menschen haben Angst und überlegen genau, ob sie ihre Häuser verlassen“, sagt er. Dass Juden und Nichtjuden dennoch gekommen seien, wertet er als bewusstes Zeichen von Solidarität.
„Berlin ist eine der Städte, in denen Chanukka besonders präsent ist“, sagt Brandwine. Über 55 Leuchter stünden in der ganzen Stadt. Wer in diesen Tagen durch Berlin gehe und sehe, wie Menschen Kerzen anzündeten und feierten, erlebe ein starkes Zeichen jüdischen Lebens.
Chanukka beginnt meist im Dezember, dauert acht Tage und erinnert an die Wiedereinweihung des jüdischen Tempels in Jerusalem vor mehr als 2.000 Jahren. Das Fest steht für Hoffnung, religiöse Selbstbehauptung und die Kraft des Lichts in dunkler Zeit. Seit 20 Jahren wird der Chanukka-Leuchter am Brandenburger Tor in Berlin aufgestellt.
Nicht nur in Berlin, auch in anderen deutschen Städten wie Karlsruhe, Leipzig und Chemnitz stellen jüdische Gemeinden zu Chanukka große Leuchter auf öffentlichen Plätzen auf. Jüdinnen und Juden zeigen damit Präsenz im öffentlichen Raum. Kultur-, Musik- und Filmfestivals sowie zahlreiche weitere Veranstaltungen machen jüdische Kultur in Deutschland das ganze Jahr über sichtbar.
„Es ist etwas Besonderes, durch die Straßen zu gehen und zu sehen, wie Menschen Kerzen anzünden, feiern und ihre Solidarität zeigen“, sagt Brandwine. Gerade in der aktuellen Situation sei diese Sichtbarkeit nicht nur religiös, sondern auch politisch. „Unsere Antwort ist, stärker zu werden und mehr Licht in die Welt zu bringen.“