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Die Brückenbauer

Die Deutsch-Türkische Jugendbrücke verbindet Schüler und Auszubildende ebenso wie Studierende und Fachkräfte der Jugendarbeit.

Hendrik Bensch, 05.06.2018
Projekt der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke: Starker Zusammenhalt
Projekt der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke: Starker Zusammenhalt

© Fotos und O-Töne Deutsch-Türkische Jugendbrücke

Ganz am Anfang stand die Skepsis. Als Berufsschüler aus dem türkischen Çanakkale und aus Ettlingen in Baden-Württemberg 2017 zu einem Austauschprojekt zusammenkamen, gab es eine Barriere: die Sprache. Deutsch auf der einen Seite, Türkisch auf der anderen. Kann da der Austausch gelingen? Schon nach dem ersten Kennenlernspiel stand für Berufsschüler Tobias jedoch fest: „Man muss die Sprache nicht unbedingt sprechen können, um Spaß zu haben. Wir haben mit Händen und Füßen kommuniziert.“ Auch mithilfe von etwas Schulenglisch war letztlich die Brücke geschlagen für eine Woche, in der sich die Jugendlichen bei gemeinsamen Projekten beruflich orientiert haben: Beim Herstellen von Möbeln aus Europaletten lernten sie die Holzbearbeitung, beim Bau eines Lahmacun-Ofens das Schweißen, beim Zeichnen eines Logos die Airbrushtechnik. Zwischendurch kochten sie gemeinsam. „Meine Erwartungen wurden übertroffen“, sagt etwa Berufsschüler Görkem. Und Sarah empfand dabei eines als ganz besonders: „Dass wir alle gleich sind und trotz fehlender Sprache langsam ein Team wurden.“ 

Die Deutsch-Türkische Jugendbrücke ermöglicht viele Begegnungen
Die Deutsch-Türkische Jugendbrücke ermöglicht viele Begegnungen

Deutsch-Türkische Jugendbrücke verbindet Projektpartner

Junge Menschen aus der Türkei und Deutschland zusammenbringen, so wie in Ettlingen – das ist das Verdienst der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke (DTJB). Seit ihrem Start im Jahr 2014 stärkt die zivilgesellschaftliche Initiative, die von der Stiftung Mercator ins Leben gerufen wurde, den Schüler- und Jugendaustausch zwischen den beiden Ländern. Sie fördert Projekte nicht nur finanziell, sondern berät Interessierte auch umfassend, zum Beispiel, wenn diese noch auf der Suche nach den richtigen Partnern für ihren Austausch sind. In einer Datenbank mit mittlerweile mehr als 600 Einträgen finden Schüler, Jugendliche, Auszubildende, Studierende, Lehrer, Fachkräfte der Jugendarbeit und Eltern das passende Projekt. „Wer zum deutsch-türkischen Austausch Infos benötigt, sich einbringen möchte oder Unterstützung braucht, kann bei uns in Deutschland und der Türkei an die Tür klopfen“, sagt DTJB-Geschäftsführer Jan Taşçı. Denn die Initiative ist sowohl in Deutschland als auch in der Türkei vertreten. Und ihre Aktivitäten laufen so erfolgreich, dass im vergangenen Jahr die Stiftung Mercator die Förderung der Initiative bis zum Jahr 2022 verlängert hat.

„Strengthening Bridges“

Die Deutsch-Türkische Jugendbrücke hat bereits mehr als 5.500 Teilnehmern in über 170 Projekten den Austausch ermöglicht. Im vergangenen Jahr hat die Initiative beispielsweise mit der Modellprojektreihe „Strengthening Bridges: Youth Exchange between Turkey and Germany“ eine Vielzahl neuer Brücken gebaut. Gefördert vom Auswärtigen Amt fanden unter anderem in den Bereichen kulturelle und berufliche Bildung, Game Design, Nachhaltige Start-ups, Sport, Nachwuchsjournalismus und Naturwissenschaften Veranstaltungen statt.

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So trafen sich auch Teilnehmer aus Deutschland und der Türkei beim Intercultural Science Lab. Hier lernten sie in Workshops, Seminaren und bei Unternehmensbesuchen die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik besser kennen – und zum Beispiel, ganz konkret, wie man einen Motor baut. In einem anderen Projekt entwickelten die Teilnehmer Brett- und Kartenspiele, durch die Geflüchtete und Einheimische in den Austausch kommen sollen. Und auch die Ausbildung zu Jugendbotschaftern durch die DTJB lässt neue Brücken entstehen: Dabei lernen junge Teilnehmer, die schon Austauscherfahrungen gesammelt haben, wie sie selber Projekte aufbauen und umsetzen können.

Schüleraustausch baut Vorurteile ab

Wie wichtig dieser Austausch ist, unterstreicht Daniel Grütjen, Projektmanager bei der Stiftung Mercator. „Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind wegen ihrer kulturellen, sozialen und geschichtlichen Bezüge einmalig“, sagt er. In der Türkei und in Deutschland sei das jeweils andere Land häufig Thema. Viele junge Menschen hätten aber keine Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen. „Die Deutsch-Türkische Jugendrücke leistet einen wertvollen Beitrag dazu, dass insbesondere die junge Generation Kontakte knüpfen und Vorurteile abbauen kann.“

Neue Freundschaften entstehen

Eine der Besonderheiten der Jugendbrücke ist, dass sie auch denjenigen einen Austausch ermöglicht, für die es sonst nur wenige Angebote gibt, betont DTJB-Geschäftsführer Taşçı. Hierzu zählen beispielsweise Berufsschüler. Manche Schüler, aber auch Studenten, erhalten durch die Jugendbrücke überhaupt das erste Mal die Gelegenheit, in ein anderes Land zu reisen. So war es auch bei einem Projekt, bei dem sich die Teilnehmer über den Einsatz von Sport bei Bildungsprojekten austauschten, berichtet Alp Başoğulları, Projektmanager bei der türkischen Organisation Gençlik Servisleri Merkezi (GSM). „Einige der türkischen Teilnehmer leben in kleinen Dörfern und haben bei dem Treffen das erste Mal vor einer größeren Gruppe gesprochen. Das hat ihnen viel Selbstvertrauen gegeben.“ Und der Austausch hat ihnen neue Einblicke ermöglicht: „Die jungen Leute lernen, wie das Leben in dem anderen Land aussieht – so entstehen Freundschaften“, sagt Başoğulları.

Der Schüler- und Jugendaustausch schafft Raum für Begegnung und somit eine wichtige Grundlage dafür, dass die Gesellschaften beider Länder auch zukünftig einen Dialog führen, Kontakte knüpfen und Freundschaften schließen können. Das gilt auch in Zeiten, in denen die politischen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland nicht störungsfrei sind, betont Jan Taşçı. „Durch eigene Erfahrungen bildet man sich eine eigene Meinung“, sagt er. Und das zahlt sich aus: „Wir sehen bei denjenigen, die im Austausch geblieben sind, wie sehr sie motiviert sind, die Freundschaften auch in diesen Zeiten aufrechtzuerhalten.“

Auch bei dem Austauschprojekt zwischen den Berufsschülern aus Çanakkale und Ettlingen wurde das deutlich. „Der Abschied war sehr schwer“, berichtet Tobias über den letzten gemeinsam Tag. Aber für ihn steht fest, dass es ein Wiedersehen geben soll: Er will irgendwann in die Türkei fliegen – auf jeden Fall.

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