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Kommunale 
Außenpolitik

Migranten fordern neue Antworten von den Kommunen – gefunden werden sie auch im intensiven deutsch-kanadischen Austausch.

18.04.2016

In München fördert die Stadt Unternehmen von Migranten und zeichnet erfolgreiche Gründungen mit einem Preis aus. Im schwedischen Göteborg bringt die Initiative „Mitt Liv“ junge Einwanderinnen mit potenziellen Arbeitgebern zusammen. In Toronto vermittelt das Team des „Refugee Career Jumpstart Projects“ zwischen Behörden und Flüchtlingen, indem es Profile für syrische Neuankömmlinge erstellt, damit diese schnell Englischkurse, ein Stipendium oder eine Anstellung erhalten können. Die Projekte aus den drei Städten sind nur Beispiele für viele internationale, wegweisende Ideen zu gelungener Integration, die von der kanadischen Initiative „Cities of Migration“ auf ihrer Website präsentiert werden. Mehr als 200 Profile herausragender Beispiele aus 80 Städten wurden bisher gesammelt, stetig ergänzt – und können in Englisch, Spanisch, Französisch und Deutsch nachgelesen werden. Ziel ist es, mit der internationalen Vernetzung den Wissens- und Erfahrungsaustausch zu fördern.

Denn Metropolen, Städte und Gemeinden sind die Laboratorien für Migration und Integration; in ihnen entscheidet sich, ob die neuen Bewohner Arbeitsplätze und Wohnraum finden, die Landessprache lernen und sich mit ihren Familien wohlfühlen können. Den Vertretern und Praktikern aus Städten und Kommunen, von Initiativen und Stiftungen, die sich Anfang März 2016 zum Gedankenaustausch auf der dritten Internationalen Konferenz der „Cities of Migration“ in Toronto trafen, ist diese Rolle längst bewusst – auch wenn sie in den letzten Monaten durch die syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge eine zusätzliche Dynamik erhielt. Gemeinsam tauschten sich die kommunalen Vertreter etwa mit dem kanadischen Integrationsminister John MacKallum und mit Vertretern aus der Wirtschaft wie Robert Hardt, dem Präsidenten von Siemens Kanada, aus.

Genau das ist der Ansatz von „Cities of Migration“ und das Ziel der Konferenz: Es geht um innovative und praxisorientierte Projekte, die sich bewährt haben und als Vorbilder für Kommunen in anderen Ländern gelten können. So stellte Landrat Wolfgang Spelthahn in Toronto die Integrationsbausteine für Migranten und Flüchtlinge im nordrhein-westfälischen Landkreis Düren vor. Seit zehn Jahren arbeiten Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um Einwanderer gezielt zu unterstützen und sie über das genaue Screening ihrer Fähigkeiten und durch Hilfe beim Spracherwerb in Arbeitsstellen vermitteln zu können. Auch eine Kultur der Selbstständigkeit wird gefördert: 1500 von Einwanderern geleitete Unternehmen sind in den vergangenen Jahren in der Kreisstadt entstanden. Für Wolfgang Spelthahn ist der internationale Austausch wichtig, um Integration erfolgreich bewältigen zu können: „Es tut gut, Menschen mit den gleichen Herausforderungen in der Integrationsarbeit kennenzulernen und andere Herangehensweisen zu erfahren“, sagt der Landrat, der in Toronto unter anderen mit Nisha Agarwal vom New Yorker Mayor’s Office of Immigrant Affairs diskutierte.

Viele internationale Institutionen unterstützen die in Toronto beheimatete und von der kanadischen Maytree Foundation gegründete Initiative „Cities of Migration“. Auch Deutschland ist ein langjähriger Partner. 2014 fand in Berlin die zweite Internationale Konferenz bei der Heinrich-Böll-Stiftung statt.

Eine besonders enge Verbindung gibt es zur deutschen Bertelsmann-Stiftung, die „Cities of Migration“ seit 2008 fördert. Projektmanagerin Claudia Walther kennt die Herausforderungen, vor denen die Städte stehen: „In den Kommunen ist früh die Erkenntnis gereift, dass Integration eine Querschnittsaufgabe ist.“ „Cities of Migration“ biete einen Mehrwert, „weil wir Deutschen von anderen Ländern lernen, aber auch weil gute Beispiele aus Deutschland international bekannt werden“.

Wie es gelingt, urbane Netzwerke zu knüpfen und mit Leben zu füllen, zeigte die Kanadierin Sima Gatea auf der jüngsten Konferenz. Sie stellte das unter anderen von ihr in Deutschland gegründete soziale Start-up „SINGA Deutschland“ vor, das Menschen mit und ohne Fluchterfahrung zusammenbringt und ihnen ein berufliches Mentorenprogramm anbietet. Das internationale Netzwerk SINGA entstand 2012 in Paris; heute verbindet es Organisationen in Frankreich, Marokko, Kanada und Deutschland, um Neuangekommene und Einheimische durch vielfältige Projekte zusammenzubringen.

Das Netzwerk der „Cities of Migration“ wird ständig erweitert, Partner ist auch die Initiative „Welcoming America“, in der sich von Migration besonders betroffene Städte aus den USA untereinander austauschen. Auch hier führt wieder ein Weg nach Deutschland: Mit dem neuen deutsch-amerikanischen Austauschprogramm „Welcoming Communities Transatlantic Exchange“ von Cultural Vistas, Welcoming America und der Heinrich-Böll-Stiftung Nordamerika werden kleinere Gemeinden eingeladen, sich zu vernetzen und Ideen um die Welt zu schicken. ▪