Chris Gueffroy, erschossen an der Berliner Mauer
Vor 25 Jahren wurde Chris Gueffroy an der Berliner Mauer erschossen – wenige Monate vor dem Mauerfall.
Seine Mutter hörte die Schüsse in jener Nacht im Februar 1989. Sie ahnte nicht, dass es der eigene Sohn war, der dort nahe ihrer Wohnung in Ost-Berlin getötet worden war – beim Versuch, die Berliner Mauer zu überwinden und in den Westen zu fliehen. Chris Gueffroy, 20 Jahre alt, war der letzte DDR-Flüchtling, der von Soldaten des Regimes erschossen wurde. Neun Monate später, im November 1989, wurde die deutsch-deutscher Grenze geöffnet und die Mauer fiel.
Gueffroy hatte Anfang 1989 aus vermeintlich sicherer Quelle erfahren, der Schießbefehl an der Grenze sei aufgehoben worden. Ein fataler Irrtum. Am Ende des Fluchtversuchs ist der junge Mann tot, der ihn begleitende Freund überlebt verletzt. Die DDR-Führung versucht zunächst, die Erschießung geheim zu halten. Gueffroys Tod wird offiziell als „Attentat gegen militärische Einrichtungen“ gewertet. Doch Karin Gueffroy, die Mutter des Opfers, spielt Medien in der Bundesrepublik Deutschland eine Nachricht über die Ereignisse und ein Foto ihres Sohnes zu und macht sein Schicksal auf diese Weise publik. „Ich hatte Angst, dass mein Kind namenlos auf dem Friedhof verscharrt wird wie so viele andere Mauertote“, sagte sie 2011 anlässlich des 50. Jahrestages des Mauerbaus in einem Interview.
Chris Gueffroy war neugierig auf die Welt
Karin Gueffroy beschreibt ihren Sohn als mutig, freiheitsliebend, neugierig auf die Welt jenseits der Mauer. Chris Gueffroy besuchte zunächst eine Sportschule, hätte gerne eine Profi-Karriere eingeschlagen. Doch dieses Ziel wäre nur unter größtmöglicher Treue zum herrschenden politischen System in der DDR erreichbar gewesen. Das Gleiche galt für seinen zweiten Berufswunsch: Pilot. Stattdessen machte Gueffroy eine Ausbildung zum Fachkellner. Bei seiner Arbeit traf er auf Vertreter der Alliierten, lernte ihr Lebensgefühl kennen, träumte umso stärker von einer Zukunft in Freiheit.
Sein Tod, sagt Karin Gueffroy, war nicht vergebens – ebenso wenig wie der Tod der vielen anderen Menschen, die an der innerdeutschen Grenze starben und deren genaue Zahl bis heute unbekannt ist. Die Angaben von Justiz, Historikern und Opfervertretern bewegen sich zwischen 280 und mehr als 1600 Toten. Auch nach Chris Gueffroy starben DDR-Bürger auf der Flucht, wenn auch nicht durch Erschießung an der Mauer. Sie ertranken in der Ostsee oder stürzten ab – so wie Winfried Freudenberg, der im März 1989 mit einem selbst gebauten Heißluftballon nach West-Berlin fliegen wollte. „Alle Toten“, sagt Karin Gueffroy, „haben einen Stein abgetragen, damit die Mauer fällt.“
Am 5. Februar 1989 fielen die letzten Todesschüsse an der Berliner Mauer
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