Zum Hauptinhalt springen

Offener Austausch – deutsch-israelische Regierungskonsultationen

Beim sechsten Treffen des deutschen und des israelischen Kabinetts in Berlin wurden neue Felder der Zusammenarbeit umrissen.

18.04.2016

Die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen sind etwas Besonderes in den ohnehin einzigartigen Beziehungen zwischen beiden Ländern: 2008 wurde dieses hochkarätige Dialogforum begründet – Anlass war damals der 60. Jahrestags der Staatsgründung Israels. Deutschland war für Israel der erste Partner, mit dem ein solcher regelmäßiger, hochrangiger Austausch vereinbart wurde. Und umgekehrt war Israel für Deutschland das erste außereuropäische Land, mit dem regelmäßig Regierungskonsultationen stattfanden. In das Gästebuch der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem schrieb die Bundeskanzlerin damals: „Im Bewusstsein der Verantwortung Deutschlands für die Shoah unterstreicht die Bundesregierung mit den ersten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen ihre Entschlossenheit zur gemeinsamen Gestaltung der Zukunft.“

Seitdem treffen sich die Kabinette beider Regierungen jährlich –im Herbst 2015, ausgerechnet im Jubiläumsjahr der seit 50 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen, musste die Begegnung wegen der Gewaltwelle in Israel und den Palästinensergebieten jedoch verschoben werden. Nachgeholt wurden die sechsten Regierungskonsultationen dann im Februar 2016 in Berlin.

Beide Seiten würdigten dabei die Intensivierung der bilateralen Zusammenarbeit in den vergangenen 50 Jahren, deren Ausmaß sich 1965 noch niemand vorzustellen gewagt hätte. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bedankten sich ausdrücklich „bei den vielen Menschen, die sich fortwährend für die Stärkung und Vertiefung der Bande zwischen ihren Ländern und Gesellschaften einsetzen“. Und sie bekräftigten ihr gemeinsames Ziel, die Beziehung zwischen beiden Staaten weiter zu festigen. „Wenn wir in Deutschland sind, dann wissen wir, wir sind wieder unter guten Freunden“, sagte Netanjahu in der Pressekonferenz. Bundeskanzlerin Merkel sprach auch offen unterschiedliche Standpunkte zu verschiedenen Fragen an: „Man muss vor allem immer im Gespräch bleiben, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt.“ Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies im Vorfeld auf die offene Gesprächsatmosphäre hin: „Diese Treffen sind für uns kein höfliches diplomatisches Routineprogramm. Es wird dabei oft auch heiß diskutiert, das will ich nicht verheimlichen. Doch genau das zeichnet eben auch eine enge Freundschaft aus: Das offene Wort!“

Der Blick nach vorn prägte das Treffen: „Herausforderungen einer offenen Gesellschaft im 21. Jahrhundert“ überschrieben Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Netanyahu die Gemeinsame Erklärung. Eines der Schwerpunktthemen der Konsultationen hieß „Innovation im 21. Jahrhundert“: Deutschland und Israel wollen die ohnehin schon enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Innovation auf bilateraler Ebene sowie innerhalb des Rahmenprogramms der Europäischen Union für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ weiter stärken und vertiefen. Vor allem in den Bereichen Wassertechnologie, zivile Sicherheitsforschung, Batterieforschung, Meeresforschung und Krebsforschung soll noch enger kooperiert werden. Der Technologietransfer an kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups soll dabei eine besondere Rolle spielen – zunächst auf dem Gebiet der angewandten Nanotechnologie. Auch bei erneuerbaren Energien, Digitalisierung und Elektromobilität, Felder, die beiden Ländern wichtig sind, soll es eine verstärkte Zusammenarbeit geben.

Ein weiteres Schwerpunktthema der Konsultationen war mit „Verantwortung für unsere Gesellschaften“ überschrieben: Die Regierungen stellten übereinstimmend fest, dass dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, um dem Klimawandel zu begegnen. Sie begrüßten zudem die Annahme der ehrgeizigen, universell gültigen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Zufrieden äußerten sich die Regierungschefs über die Erfolge der bisherigen Zusammenarbeit zwischen MASHAV, der israelischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit, und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in der deutsch-israelischen Afrika-Initiative (siehe Ausgabe 4/2015). Ein weiterer gesellschaftlicher Bereich, in dem die Zusammenarbeit intensiviert werden soll, ist die Cyber-Security, deren Ziel es ist, IT-Systeme sicherer und das Internet zu einem Raum der Freiheit und Sicherheit zu machen.

Sie sei dankbar, betonte die Bundeskanzlerin nach den Gesprächen, dass man heute intensiv über sicherheits- und außenpolitische Fragen wie etwa den Syrienkonflikt gesprochen habe, aber auch über eine Vielzahl von anderen Themen. Für ausreichend Gesprächsstoff wird sicher auch bei den nächsten Regierungskonsultationen gesorgt sein. Die sollen 2017 stattfinden – in Jerusalem. ▪