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Blick auf Europa aus der Ferne

Deutschland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft – eine Gelegenheit nachzufragen, was die Menschen in der Welt von Europa denken.

26.06.2020
Europa aus dem Weltraum gesehen.
Europa aus dem Weltraum gesehen. © NicoElNino - stock.adobe.com

Ding Chun
Leiter des Zentrums für Europastudien an der Fudan-Universität, Shanghai

„Es stimmt – es gibt Unterschiede zwischen China und der EU, was Kultur, Institutionen sowie Stand und Muster der gesellschaftlichen Entwicklung angeht. Doch Kooperation und Konsens überwiegen im Vergleich zu Wettbewerb und Dissens. Daher sollten beide Seiten den Multilateralismus, eine offene Weltwirtschaft und den Freihandel fördern, um die Folgen von Unilateralismus und Protektionismus auszugleichen, die von einigen entwickelten Ländern praktiziert werden. China wird seine Wirtschaft weiter öffnen und seine Differenzen mit der EU beilegen – unter anderem, indem es die Verhandlungen über ein Investi­tionsabkommen vorantreibt. Durch eine kluge Gestaltung ihrer Handels- und Wirtschafts­beziehungen können China und die EU ihre Win-Win-Kooperation weiter stärken.“

 

Sergio Ramírez
Schrifteller und Cervantes-Preisträger, ehemaliger Vizepräsident Nicaraguas

Die Beziehungen Lateinamerikas zur EU gehen über die Abkommen zur Marktintegration hinaus. Die kulturelle Vielfalt der Länder Lateinamerikas, die früh die europäische Kultur integriert haben, ist ein Beleg für diese Nähe. Der vielleicht größte Vorteil, den Lateinamerika mit Blick auf Europa hat, besteht darin, dass es ein vielfältiger, multikultureller Raum ist, der keine geopolitischen Allianzen fordert und nicht versucht, die Welt in Blöcke zu teilen. Europa dient uns gleichzeitig als Spiegel, in dem wir uns im Angesicht des demokratischen Ideals betrachten können, denn leider tragen wir immer noch Lasten des Autoritarismus mit uns herum. Das gemeinsame Bestreben muss daher sein, eine dauerhafte und fruchtbare Beziehung aufzubauen, die auf Freiheit, Humanismus und Toleranz beruht.“


Ellen Johnson Sirleaf
ehemalige Präsidentin von Liberia, Trägerin des Friedensnobelpreises

Europa und Afrika sind durch Geschichte, Geografie und Wirtschaftsbeziehungen untrennbar miteinander verbunden. Die Sicherung einer friedlichen und gedeihlichen Zukunft auf beiden Kontinenten erfordert ihre Kooperation – aber nicht jene Beziehung von Geber und Bittsteller, die in der Vergangenheit die „Zusammenarbeit“ bestimmt hat. Stattdessen müssen die Staats- und Regierungschefs beider Seiten eine gleichberechtigte strategische Beziehung aufbauen, die Europa genauso viel nützt wie Afrika und Afrika genauso viel wie Europa. Sie müssen jetzt den Grundstein für ­eine solche Beziehung legen, indem sie sich auf eine vorausschauende Strategie einigen, die strukturelle Ungleichheiten angeht, die Vorteile der Migration nutzt und ihren Bürgerinnen und Bürgern greifbare Vorteile bringt.“


Vivian Balakrishnan
Außenminister von Singapur, Koordinator des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) für die Beziehungen zur EU

Wir befinden uns in zwei geografisch kaum vergleichbaren Gebieten. Wir organisieren uns auf ganz verschiedene Weise, was angesichts der unterschiedlichen nationalen Rahmenbedingungen nicht überraschend ist. Doch wir haben gemeinsame Werte und wir haben gemeinsame Grundsätze der Zusammenarbeit. In gewisser Hinsicht sind die Europäische Union und der Verband Südostasiatischer Nationen also eigentlich ganz natürliche Partner. Angesichts der Anti-Globalisierungsrhetorik der vergan­genen Jahre ist es meiner Meinung nach heute umso wichtiger, dass die EU und der ASEAN auf einer gemeinsamen Plattform des Austauschs zusammenkommen und dass wir unsere Zusammenarbeit noch deutlich ­intensivieren.“

 

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