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Saatgut und Nahrungsmittel für Flutopfer

Mosambik leidet unter dramatischen Naturkatastrophen. Die Bundesrepublik Deutschland hilft den Bedürftigsten.

Constanze Bandowski, 14.06.2017
Deutsche Welthungerhilfe in Mosambik
Deutsche Welthungerhilfe in Mosambik © Deutsche Welthungerhilfe

Auf dem Dorfplatz von Mussassa herrscht bereits in den frühen Morgenstunden reges Treiben. Rund 500 Flutopfer versammeln sich im Schatten des großen Marulabaumes. Die meisten von ihnen sind Frauen. Für sie ist heute ein besonderer Tag: Die Witwen, alleinerziehenden Mütter und andere besonders Bedürftige erhalten Gutscheine für den Erwerb von Saatgut und landwirtschaftlichen Kleingeräten. Das Auswärtige Amt finanziert den außergewöhnlichen Markt, der von der deutschen Welthungerhilfe und ihrem mosambikanischen Partner AJOAGO (Asociação dos Jovenes e Amigos de Goruro) organisiert wird.

Fatima Mubango ist eine der Wartenden. Die 45-jährige Witwe verlor im Februar 2017 ihr gesamtes Hab und Gut, nachdem die Ausläufer des Zyklons Dineo den gesamten Ortsteil von Mambone im Norden der Provinz Inhambane unter Wasser setzte. „Ich hatte alles verloren“, sagt die fünffache Mutter, deren Mann vor einigen Jahren an AIDS starb. Ihre Hütte war zerstört, das Maisfeld verwüstet, die Hühner verschwunden. Inzwischen schöpft sie wieder Hoffnung: Drei Mal erhielt Fatima Mubango bereits Gutscheine für Grundnahrungsmittel, mit denen sie ihre Familie ernähren konnte. Nachdem ihre Haupternte von Mais und Bohnen komplett ausgefallen ist, kann sie heute Gemüsesaatgut im Wert von 45 Euro für die Nebensaison erwerben. Auf einem Gemeinschaftsfeld hat sie zusammen mit anderen Projektteilnehmerinnen gelernt, wie sie Gemüse nachhaltig anbaut. „Wir haben vorher kaum Gemüse gepflanzt und wenn, dann nur die Samen irgendwie verstreut“, sagt die hagere Kleinbäuerin. Jetzt weiß sie, wie sie ihre Beete richtig bearbeitet und den Boden vorm Austrocknen schützt. Neben den Folgen der Flut leidet sie wie mehr als zwei Millionen Mosambikaner auch unter der schweren Dürre durch das Klimaphänomen El Niño.

Für den Saatgutmarkt errichten ausgewählte Händler ihre Stände unter freiem Himmel: Im Angebot sind verschiedene Samen für Zwiebeln, Tomaten, Kohl, Salat, Gurken, Paprika und andere Gemüsesorten, aber auch Hacken, Sicheln, Eimer, Gießkannen oder Gummistiefel. Die Preise hat die Welthungerhilfe in Absprache mit der lokalen Verwaltung im Vorwege verhandelt, damit kein Wucher entsteht und die Not leidenden Menschen trotz großer Entfernung zu den Wirtschaftszentren des Landes akzeptable Preise zahlen.

Jeder Begünstigte bekommt ein Gutscheinheft mit einem Gesamtbetrag über 3.000 Meticais, zurzeit rund 45 Euro. Dafür rufen die Projektmitarbeiter die einzelnen Namen nach langen Listen auf. Per Fingerabdruck oder Unterschrift bestätigen die Begünstigten den Erhalt des Gutscheins und ziehen damit weiter zum Einkauf. Hier helfen Freiwillige beim Kalkulieren, Verhandeln und Tragen. Den Transport in abgelegene Ortsteile oder für Kranke und Menschen mit Behinderungen übernimmt ebenfalls das Projekt.

„Der Vorteil dieses Gutscheinsystems ist, dass die Menschen selbst auswählen können, was sie brauchen“, sagt die scheidende Landesdirektorin der Welthungerhilfe, Caroline Peyre. „Das gibt ihnen etwas Würde zurück und sie fühlen sich nicht länger als Bittsteller oder Hilfsempfänger. Außerdem kurbelt es die lokale Wirtschaft an, davon profitiert die gesamte Region.“ Das gilt insbesondere für das Saatgut: Während die Nahrungsmittelgutscheine die erste Not gelindert haben, bedeutet Saatgut eine Investition in die Zukunft.

„Die humanitäre Hilfe, die das Auswärtige Amt über die Welthungerhilfe gewährt hat, kam hier genau zur richtigen Zeit an, um eine menschliche Tragödie zu verhindern“, sagt der deutsche Botschafter, Dr. Detlev Wolter, bei seinem Besuch in Mussassa. „Diese Nothilfe unterstützt die betroffenen Menschen, ihren grundlegenden Nahrungsmittelbedarf zu decken, sowohl in der Dürre, als auch bei den anschließenden Überschwemmungen. Das Land besitzt fruchtbare Böden, aber die Fähigkeiten, mit Naturkatastrophen umzugehen, müssen noch weiter gestärkt werden. Deshalb bleibt neben der Reaktion auf Katastrophen einer der Schwerpunkte des deutschen humanitären und entwicklungspolitischen Engagements in Mosambik Krisenvorsorge, Frühwarnung und Anpassung an den Klimawandel.“