Zum Hauptinhalt springen

Darum geht es im Abkommen mit Spanien

Nach Spanien will Deutschland nun auch mit Italien und Griechenland Rückführungsabkommen aushandeln.

Carla Bleiker, 15.08.2018
Kanzlerin Angela Merkel und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez
Kanzlerin Angela Merkel und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez © dpa

Es sei nur ein "informeller Besuch", das wurde von beiden Seiten immer wieder betont. Zwei Tage verbrachten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez in Andalusien. Dabei war die Stippvisite ein wichtiges Zeichen, galt sie doch dem Land, mit dem die Bundesrepublik gerade ein Rückführungsabkommen für Flüchtlinge geschlossen hat.

Was genau steht in dem Abkommen mit Spanien?

Die Vereinbarung legt fest, das Deutschland bestimmte Flüchtlinge, die in der Bundesrepublik ankommen, direkt nach Spanien zurückschicken darf. Das gilt allerdings nur für eine kleine Anzahl von Menschen. Betroffen sind die Flüchtlinge, die über die Grenze mit Österreich nach Deutschland kommen - über die drei Grenzübergänge, die aktuell kontrolliert werden. Flüchtlinge, die dort aufgegriffen werden und in Spanien schon einen Asylantrag gestellt haben, können innerhalb von 48 Stunden dorthin zurückgeschickt werden.

Überprüft werden die Ankömmlinge in Deutschland mithilfe der europaweiten Fingerabdruck-Datenbank Eurodac, in der jeder Flüchtling bei seiner Ankunft in Europa registriert werden soll. Von der Rückführung ausgenommen sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Regeln das nicht schon die Dublin-Verordnungen?

Im Prinzip ja! Die Dublin-Regeln sehen vor, dass grundsätzlich derjenige Staat für einen Flüchtling zuständig ist, in dem dieser erstmals registriert wurde. In der Regel sollte das dort sein, wo er zum ersten Mal europäischen Boden betritt. Kommt ein Flüchtling nach Deutschland und es stellt sich heraus, dass er schon in Italien registriert ist, könnte ihn die Bundesregierung dorthin zurückschicken. Es entspricht aber auch europäischem Recht, zu prüfen, ob es für Flüchtlinge nicht doch sinnvoller wäre, in Deutschland zu bleiben - zum Beispiel, weil hier Angehörige leben.

Die Dublin-Regeln werden von vielen EU-Staaten als nicht praktikabel angesehen. Denn die Überführung von einem Land ins andere gestaltet sich sehr aufwendig. Außerdem werden viele Flüchtlinge bei Betreten des europäischen Bodens gar nicht erst registriert. Auch Merkel bezeichnete bei ihrem Besuch in Spanien die Dublin-Regeln als "nicht funktionsfähig". In der Theorie dürften "nie ein Migrant oder ein Flüchtling in Deutschland ankommen", so die Kanzlerin. Weil die rechtliche Grundlage aber nicht der Realität entspreche, müsse "ein faires Verteilsystem" gefunden werden, sagte Merkel.

Was verspricht sich Deutschland von dem Abkommen?

Laut Berichten, die sich auf das Bundesinnenministerium beziehen, wurden 2017 an den drei kontrollierten Grenzübergängen zwischen Deutschland und Österreich im Schnitt fünf Personen pro Tag aufgegriffen, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Und nur ein Teil davon beantragte in Spanien Asyl.

Offizielle Zahlen dazu gibt es nicht, dafür aber zu Deutschlands Übernahme-Anträge im Rahmen der Dublin-Regeln. Die stellt Berlin, wenn es ein anderes Land für einen Flüchtling als zuständig ansieht. Im vierten Quartal 2017 gingen nur gut fünf Prozent der Ersuche Deutschlands nach Spanien. 32,7 Prozent von ihnen gingen laut Nachrichtenportal tagesschau.de an Italien.

Trotzdem hat das Abkommen einen gewissen Symbolwert. Über den Umgang mit Flüchtlingen hatte es in der Großen Koalition monatelang Streit gegeben. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer wollte Flüchtlinge auch ohne Rücknahmeabkommen an der deutschen Grenze wegschicken, Angela Merkel stellte sich dagegen.

Die Vereinbarung mit Spanien könnte sowohl als ein Zeichen an andere Länder ("Guckt, Deutschland hat auch strenge Regeln!"), als auch als eine Art Besänftigung für Merkels Innenminister gewertet werden. Außerdem hofft Berlin, dass das Abkommen mit Spanien nur das erste in einer Reihe bilateraler Regelungen sein wird.

Welche Länder sollen folgen?

Horst Seehofer verhandelt derzeit mit Griechenland und Italien über ähnliche Vereinbarungen - aber das gestaltet sich schwierig. Spanien erhofft sich von dem Abkommen zwar, dass Deutschland mehr Geld in den Schutz der EU-Grenzen investiert, forderte für die Aufnahme zurückgeschickter Flüchtlinge aber keine direkte Gegenleistung. Athen und Rom tun dies schon. Zurzeit sind sie zu einer gemeinsamen Regelung nur bereit, wenn Deutschland im Gegenzug Flüchtlinge aus ihren Ländern aufnimmt, die zum Beispiel zu Familienangehörigen in die Bundesrepublik kommen möchten.

Dem hat Seehofer aber eine Absage erteilt: "Das brauchen wir nicht unterschreiben, denn das würde die deutsche Bevölkerung nicht verstehen, wenn wir mehr aufnehmen würden, als wir an der Grenze zurückweisen." Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, trotz der Schwierigkeiten sei ein Abkommen mit Griechenland in Sicht. Mit einer Einigung zwischen Rom und Berlin sei allerdings nicht so bald zu rechnen.