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Die Jugend denkt grün

Gemeinsam Umweltverschmutzung stoppen: Junge Ägypter engagieren sich mit deutscher Unterstützung an Schulen und in Startups.

Astrid Herbold, 02.11.2022
 Teilnehmende Schülerinnen und Schüler des Programms „Eco Heroes“
Teilnehmende Schülerinnen und Schüler des Programms „Eco Heroes“ © Mohamed Mesheal

Verabredet sind wir in New Cairo, dem schicken neuen Stadtteil östlich von Ägyptens Millionenmetropole. Hier mietet Youthinkgreen, eine junge Umweltorganisation, gelegentlich Konferenzräume auf einem kleinen Co-Working-Campus. Die Idylle des Ortes – Sitzsäcke, Sonnensegel, ein Garten mit blühenden Sträuchern – kann kaum über den Ernst des Themas  hinwegtäuschen. Ägypten, das im November 2022 die Weltklimakonferenz ausrichtet, leidet wie viele afrikanische Länder massiv unter Hitzewellen und Wasserknappheit im Zuge des Klimawandels. Hinzu kommen Probleme mit Müll, Luftverschmutzung und fossilen Brennstoffen. „Dagegen wollen wir unbedingt etwas unternehmen“, erklärt Amr Seleem von Youthinkgreen.

Amr Seleem von Youthinkgreen ist Berater für Klima-, Energie- und Umweltpolitik.
Amr Seleem von Youthinkgreen ist Berater für Klima-, Energie- und Umweltpolitik. © privat

Der ägyptische Ingenieur spricht fließend Deutsch, er hat nach seinem Maschinenbaustudium in Kairo einen interdisziplinären Master in Sustainable Resource Management an der Technischen Universität München absolviert. Auch der Gründer von Youthinkgreen, AbdelRahman Fahmy, hat seit vielen Jahren Kontakte nach Deutschland, denn die Anfänge der 2013 gegründeten ägyptischen Organisation gehen zurück auf eine gleichnamige deutsche Initiative „youthinkgreen – jugend denkt um.welt“. Fahmdy – damals noch Student – brachte nach einem Berlin-Besuch vor rund zehn Jahren die Idee mit nach Ägypten: Junge Menschen ermutigen andere junge Menschen, sich aktiv für den Schutz der Umwelt einzusetzen.

Kinder und Jugendliche für Umweltthemen sensibilisieren

Aus dem anfangs ehrenamtlichen Engagement der Gründer wurde mit der Zeit ein gemeinnütziges Sozialunternehmen mit heute rund 15 Mitarbeitenden. Und Youthinkgreen hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur professionalisiert, sondern auch seine Tätigkeitsfelder deutlich ausgeweitet: Da sind zum einen Bildungsformate, die das Team regelmäßig organisiert und umsetzt, oft in Kooperation mit deutschen Partnern. Kinder und Jugendliche werden mithilfe von Camps, Workshops und Wettbewerben gezielt für Umweltthemen sensibilisiert. „Anders als in Deutschland hat es in Ägypten keine breite Fridays-for-Future-Bewegung gegeben“, erklärt Amr Seleem. Zwar wüssten viele Teenager, dass es gravierende Umweltprobleme gäbe, aber selten hätten sie eine Vorstellung davon, wie man im eigenen Umfeld etwas verändern könne. Kürzlich hat Youthinkgreen deshalb zusammen mit dem deutschen Goethe-Institut in Alexandria das Programm „Eco Heroes“ initiiert. 90 Schülerinnen und Schüler aus mehreren Städten nahmen an Seminaren teil und besuchten unter anderem eine Plastikfabrik und die Solaranlagen der Alexandria Universität. In kurzen Dokumentarfilmen stellten die Jugendlichen anschließend ihre eigenen kreativen Lösungsansätze vor. Dabei ging es unter anderem um lokale Baumpflanzungen, nachhaltiges Holzspielzeug oder die umweltfreundliche Wiederverwendung alter Autoreifen.

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Eine Jury wählte anschließend die besten Projekte aus. Die Gewinnerinnen und Gewinner wurden Ende Juli 2022 in der Deutsche Botschaft Kairo feierlich ausgezeichnet. Kein Zufall: Deutschland engagiert sich seit vielen Jahren beim Thema Klimawandel und Umweltschutz in Ägypten. Schon 2011 wurde die Plattform „Cairo Climate Talks“ (CCT) als Kooperationsprojekt der Deutschen Botschaft Kairo mit dem ägyptischen Umweltministerium und zahlreichen weiteren Partner aus beiden Ländern gegründet. Die regelmäßigen CCT-Veranstaltungen dienen dem Austausch zwischen Forschenden, Regierungen, Privatsektor und Zivilgesellschaft.

„Und genau das braucht Ägypten dringend“, sagt Amr Seleem. Deshalb konzentriert sich  Youthinkgreen nicht allein auf pädagogische Angebote für Schülerinnen und Schüler. Auch die ägyptische Startup-Szene soll zu mehr Nachhaltigkeit ermutigt werden. Firmengründungen im Bereich Umwelttechnologie hat es in der Vergangenheit kaum gegeben, erst seit einigen Jahren wächst dieser Wirtschaftszweig in Ägypten langsam. Weil staatliche Förderungen nur sehr punktuell vorhanden sind, brauchen junge Gründer, die beispielsweise innovative Recycling-, Solar- oder Wasseraufbereitungsanlagen entwickeln, externe Unterstützung  – am besten in Form sogenannter Accelerator-Programme, die professionelle Starthilfe leisten.

Investoren aus dem Ausland anwerben

Youthinkgreen sieht sich auch hier als Brückenbauer; das Team spannt immer neue Fäden zwischen Europa und Ägypten. Einen der weltweit größten CleanTech-Wettbewerbe für junge Firmen, das in den Niederlanden ansässige und von der Europäischen Union mitfinanzierte Programm „ClimateLaunchPad“, haben Amr Seleem und seine Kollegen kürzlich nach Ägypten gebracht. Mit Erfolg: Einzelne ägyptische Startups, wie die Erfinder eines günstigen Wasserfilters, schafften es bis ins Finale von ClimateLaunchPad. Sie sollen jetzt weiter gefördert und mit Investoren in Kontakt gebracht werden.

Wenn es nach Youthinkgreen geht, ist das allerdings erst der Anfang. „Am liebsten wollen wir ein Institut gründen, das Wirtschaft, Forschung und Politik miteinander verknüpft,“ sagt Seleem. Kleine und mittlere ägyptische Unternehmen, die grüne Technologie neu auf den Markt bringen, könnten dann mit wissenschaftlichen Begleitstudien unterstützt werden – Handlungsempfehlungen für die Politik gleich inklusive. Amr Seleem verweist auf die zahlreichen anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen in Deutschland: „An denen würden wir uns gerne ein Beispiel nehmen.“ Noch ist das eine Zukunftsvision. Aber im Zuge der Weltklimakonferenz in Ägypten, so hofft das Team von Youthinkgreen, könnte der Wille zu schnellen Veränderungen nicht nur weltweit, sondern auch in Ägypten noch größer werden. „Wir sind jedenfalls bereit – und offen für die Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen, die uns dabei unterstützen.“

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