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„Das ist Kunst!“

Deutsch-israelische Teamarbeit: Junge Handwerker bewahren gemeinsam das Bauhaus-Welterbe in Tel Aviv.

Gunda Achterhold, 05.08.2019
Gemeinsame Arbeiten an der Fassade der Bauhaus-Villa
Gemeinsame Arbeiten an der Fassade der Bauhaus-Villa © Yael Schmidt

Die Fassaden des Max-Liebling-Hauses in Tel Aviv erstrahlen in frischem Glanz. Mit beteiligt an der Renovierung der Bauhaus-Villa war eine Gruppe junger Handwerker aus Israel und Deutschland. Wir haben sie gefragt, was sie voneinander lernen konnten.

June Eiger, 22 Jahre, aus Tel Aviv

Sie haben 2019 an einem Stuckateur-Workshop im Max-Liebling-Haus mitgearbeitet. Was hat Sie daran gereizt?
Mir ging es vor allem darum, Erfahrung zu sammeln. In Israel gibt es keine Schulen für Handwerker  und auch keinen geregelten Ausbildungsweg. Wenn man ein Handwerk lernen will, muss man sich jemanden suchen, der einem zeigt, wie es geht. Es ist eher ein Learning by doing. In dem Workshop arbeiteten wir mit deutschen Stuckateuren zusammen, die ihren Job von Grund auf gelernt haben. Sie sind sehr professionell an die Aufgaben herangegangen. Ich wollte von ihnen lernen und herausfinden, ob ein Handwerk der richtige Beruf für mich ist, denn ich bin noch auf der Suche.

Wie war die Zusammenarbeit?
Es war wirklich erstaunlich: Am Anfang waren wir keine große Hilfe, aber die deutschen Teilnehmer in der Gruppe hatten unglaublich viel Geduld mit uns. Unsere Aufgabe war es, zusammen an der Fassade der Villa zu arbeiten. In der Woche habe ich gelernt, wie man Wände vorbereitet und Putz aufträgt – das hatte ich vorher noch nie gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass es körperlich so anstrengend ist. Fast wie beim Sport, aber das ist auch genau mein Ding. Am Ende ging meistens nochmal jemand drüber und machte die Feinarbeit. Der Umgang miteinander war sehr herzlich und respektvoll, eine super Atmosphäre.

Was ist für Sie das Tolle am Handwerk?
Es war schön, zu sehen, wie professionell die deutschen Kollegen auf der Baustelle arbeiten. Sie hatten schon mehrere Jahre Ausbildung hinter sich, und das merkte man auch. Da geht es nicht darum, mal eben eine Wand zu streichen. Was da geleistet wird, ist Kunst! Seitdem respektiere ich das Handwerk noch viel mehr.. Für mich war es eine beeindruckende Erfahrung und ich würde langfristig gerne im Handwerk arbeiten. Ich müsste allerdings ein Unternehmen finden, das mich einstellt und anlernt. Das ist nicht ganz leicht, kann aber klappen: Einer der israelischen Jungs auf der Baustelle hat als Hilfsarbeiter angefangen und Steine geschleppt. Inzwischen ist er als Stuckateur fest angestellt.

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Maximilian Friedel, 24, Stuckateur-Azubi aus Leonberg

Wieso haben Sie am Stuckateur-Workshop im Max-Liebling-Haus teilgenommen?
Ich bin immer offen für neue Erfahrungen in fremden Ländern. Mich hat  interessiert, wie Handwerker in Israel arbeiten. Außerdem gibt es wahrscheinlich nur wenige Stuckateure, die an einem UNESCO-Weltkulturerbe mitgearbeitet haben! Mir war vorher gar nicht bewusst, dass aus Deutschland geflüchtete Bauhaus-Architekten das Stadtbild Tel Avivs so stark geprägt haben. Ein Ensemble aus 4.000 Häusern, das ist schon immens viel. Die Weiße Stadt ist für mich ein beeindruckendes Zeugnis der deutsch-israelischen Geschichte – und das Liebling-Haus als Ort der Begegnung ist ein tolles Symbol.

Was konnten Sie durch die Zusammenarbeit mit den israelischen Kollegen lernen?
Meine Aufgabe war es, den israelischen Kollegen zu zeigen, wie wir arbeiten. Für mich war das eine ungewohnte Rolle: Ich bin ja selbst noch in der Ausbildung, im dritten Lehrjahr. Und dann auch noch bei diesen Temperaturen! Bei 30, 40 Grad eine Fassade zu streichen, ist eine echte Herausforderung. Man muss viel Wasser aufsprühen und aufpassen, dass das Material nicht aufbrennt – sonst ist die ganze Arbeit hin. Zügig weiterzuarbeiten und trotzdem ruhig zu bleiben, das habe ich in der Woche definitiv gelernt. Alle in der Gruppe haben sich wahnsinnig viel Mühe gegeben und wir haben viel miteinander geschafft. Obwohl es anstrengend war, sind die israelischen Kollegen nach der Arbeit noch mit uns durch die Stadt gezogen und haben uns gezeigt, wo man gut essen kann. Das hat richtig Spaß gemacht, die israelische Küche ist einfach hervorragend!

Starkes Team: Junge Handwerker aus Deutschland und Israel
Starkes Team: Junge Handwerker aus Deutschland und Israel © Yael Schmidt

Was fasziniert Sie am Handwerk?
Man sieht, was man macht. Wenn wir abends nach Hause gehen, sieht der Kunde ein Ergebnis. Das können frisch verputzte Wände sein oder neu angebrachte Stuckelemente an der Decke, irgendetwas hat sich immer positiv verändert. Das befriedigt! Nach dem Abitur habe ich zuerst eine Lehre zum Bankkaufmann gemacht. Aber immer nur am PC zu sitzen,  hat mir nicht getaugt. Deshalb lerne ich Stuckateur und kombiniere die Lehre mit einer Ausbildung zum Ausbau Manager, die eher betriebswirtschaftlich ausgerichtet ist. Damit stehen mir viele Wege offen, auf der Baustelle genauso wie in der Unternehmensführung.

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