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Der Quanten-Pionier aus Deutschland

Der deutsche Informatiker Hartmut Neven leitet das Quantenlabor von Google. Er gilt als einer der innovativsten Köpfe des revolutionären Forschungsfelds. 

Klaus LüberKlaus Lüber , 02.01.2025
Hartmut Neven, Physiker und Informatiker, gebürtiger Aachener
Hartmut Neven, Physiker und Informatiker, gebürtiger Aachener © frias.uni-freiburg

Es war für viele eine Sensation: Anfang Dezember 2024 stellte das US-Unternehmen Google seinen neuen Quantencomputer-Chip „Willow“ vor. Die Aktienmärkte reagierten aufgeregt, Quantenforscher waren beeindruckt. Das Entwicklerteam des Google Quantum Artificial Intelligence Laboratory hatte es geschafft, die Fehleranfälligkeit von Quantenrechnern drastisch zu reduzieren – bislang eines der größten Hindernisse für die praktische Anwendbarkeit von Quantencomputern. 

„Willow“ – ein Chip, der die Welt verändern könnte.
„Willow“ – ein Chip, der die Welt verändern könnte. © picture alliance / Cover Images

Das ist vor allem das Verdienst des deutschen Informatikers Hartmut Neven. Die Gründung des Quantum AI Lab im Jahr 2012, an dem unter anderem die NASA beteiligt ist, geht auf seine Initiative zurück. Damals war Neven schon einige Jahre eng in die Produktentwicklung des Tech-Unternehmens Google involviert. Er leitete Teams im Bereich Bildverarbeitung und visuelle Suchsysteme und war maßgeblich an der Entwicklung der Datenbrille Google-Glass beteiligt. 

Ausgeprägter Unternehmergeist 

Neven studierte neben Physik auch Wirtschaftswissenschaften und zeigte schon früh einen ausgeprägten Unternehmergeist. Unter 40 Doktoranden am Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum wurde er ausgewählt, ein Media Lab an der University of Southern California in Los Angeles zu leiten. Der Auftrag: eine Gesichtserkennungssoftware zu vermarkten, die sein Professor erfunden hatte. Das Projekt scheiterte, dafür war der nächste Versuch erfolgreich, sein Startup namens Neven Vision wurde von Google übernommen. 

Durch die Beschäftigung mit Bilderkennung und dem Einsatz von maschinellem Lernen kam Neven zum Quantencomputing, „weil absehbar war, dass klassische Computer für die dabei zu lösenden Optimierungsprobleme nie wesentlich flinker werden würden“, wie er sagt. Sein Lieblingsbeispiel für das gewaltige Potenzial der Maschinen: „Quantencomputer können uns helfen, Fusionsprozesse so zu verstehen, dass die Kernfusion gelingt.“  

Betriebssystem der Natur 

Neven hat ehrgeizige Ziele: Spätestens 2029 wollen er und sein Team den ersten universell einsetzbaren Quantencomputer präsentieren: „Damit schaffen wir es, die Quantenmechanik, das ‚Betriebssystem der Natur‘, zu nutzen.“ Dass Quantenrechner die klassischen Computer dann ablösen, glaubt er aber nicht. „Mit einem Quantenrechner E-Mails zu tippen oder YouTube-Videos abzuspielen ist so, als ob man mit einem Ferrari zum Einkaufen fährt.“