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Mit KI gegen Krankheiten

Mithilfe von Künstlicher Intelligenz arbeiten deutsche Pharmaunternehmen und Forschungsinstitute intensiv an präziseren Diagnosen und neuen Therapien. 

Wolf ZinnWolf Zinn, 20.05.2025
Künstliche Intelligenz unterstützt bei Diagnosen und Therapien.
Künstliche Intelligenz unterstützt bei Diagnosen und Therapien. © IStock

Die Medizin steht vor einem Umbruch. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) können riesige Datenmengen analysiert werden – schneller und umfassender als je zuvor. Das ermöglicht frühere Diagnosen, bessere Therapien und eine effizientere Medikamentenentwicklung. In Deutschland investieren Pharmaunternehmen, Forschungseinrichtungen und Kliniken daher gezielt in KI-basierte Lösungen. Folgende Beispiele zeigen, wie KI die Gesundheitsversorgung revolutioniert.

Krebs besser verstehen

Ein zentrales Ziel vieler KI-Anwendungen ist es, Muster in komplexen Daten zu erkennen – etwa bei der Ausbreitung von Krebs. Das Projekt DECIPHER-M, gefördert vom deutschen Forschungsministerium, verknüpft Daten aus Gewebeanalysen, bildgebenden Verfahren und genetischen Informationen, um das individuelle Metastasenrisiko besser vorherzusagen.

„Trotz Fortschritten ist die Metastasierung eine der größten Herausforderungen“, sagt Projektleiter Jakob Kather vom Dresdner Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit (EKFZ). Ziel sei es, für jede Patientin und jeden Patienten eine passgenaue Therapie zu entwickeln – bevor sich der Krebs im Körper ausbreitet.

Brustkrebs-Screening mit Datenschutz

Medizinische Daten dürfen oft nicht zentral gespeichert werden – doch KI braucht große Datenmengen. Das EKFZ-Projekt ODELIA setzt daher auf „Swarm Learning“: ein Verfahren, bei dem die Daten am Ursprungsort bleiben, aber die KI-Modelle trotzdem gemeinsam lernen können. So sollen Brust-MRTs verlässlich ausgewertet werden, ohne den Datenschutz zu gefährden. In einer internationalen Studie war das gemeinschaftlich trainierte Modell sogar treffsicherer als lokal entwickelte Systeme.

Schnellere Diagnose per Cloud

Auch die Industrie treibt die Entwicklung voran. So hat etwa Bayer für die Radiologie eine Plattform entwickelt, die KI-gestützte Anwendungen direkt in den Arbeitsalltag integriert. Sie hilft, Auffälligkeiten auf Röntgen- oder MRT-Bildern automatisch zu erkennen – zum Beispiel bei Schlaganfällen oder Lungenentzündungen.

„Wir wollen Ärztinnen und Ärzte entlasten, damit sie sich auf ihre Patientinnen und Patienten konzentrieren können“, heißt es bei Bayer. Die Plattform ist bereits in mehreren europäischen Ländern im Einsatz.

Medikamente schneller entwickeln

Neue Medikamente zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, dauert oft über zehn Jahre. Das Darmstädter Pharmaunternehmen Merck will diesen Prozess mit einer KI-Plattform auf unter vier Jahre verkürzen. Die Technologie soll potenzielle Wirkstoffe schneller identifizieren und chemische Prozesse effizienter planbar machen. „KI steigert die Produktivität enorm. Sie kann uns dabei helfen, neue und wirksamere Arzneimittel schneller für unsere Patienten verfügbar zu machen“, sagt Walid Mehanna, Chief Data & AI Officer bei Merck. Die Chancen seien groß – sowohl medizinisch als auch wirtschaftlich.

Zukunftstechnologie Quanten-KI

Noch visionärer ist der Ansatz des Fraunhofer-Instituts für Kognitive Systeme (IKS) in München. Gemeinsam mit dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität forscht das IKS an hybriden Systemen, die Quantencomputing und KI verbinden. So sollen relativ wenige Daten zuverlässige Diagnosen ermöglichen, etwa bei seltenen Erkrankungen. Die sogenannten Quantum Bayesian Neural Networks sollen dabei nicht nur Ergebnisse liefern, sondern auch die Unsicherheit der Diagnose berücksichtigen – ein wichtiger Aspekt für die Anwendung in der klinischen Praxis. Besonders in der Früherkennung und Verlaufskontrolle von Hirntumoren sehen die Forscher großes Potenzial.