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Gesichter des Austauschs

Ganz unterschiedliche Persönlickeiten stehen für Deuschlands internationale Bildungspartnerschaften.

06.07.2016
© Jonas Ratermann, Stephan Pramme, Anika Büssemeier, Stefan Maria Rother, Abdul Majeed Goraya - Faces of partnership

Die Internationalisierung  der deutschen Hochschullandschaft fördert Joybrato Mukherjee gleich in zwei Spitzenfunktionen: als Präsident der global vernetzten Justus-Liebig-Universität Gießen und als Vizepräsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Er betont die Be­deutung einer „Internationalisierung in der Breite“ und sagt zudem: „Immer mehr Länder begreifen wie wir, dass man wissenschaftliche Exzellenz nur durch Kooperation erreicht.“

Joybrato Mukherjee

JOYBRATO MUKHERJEE © Jonas Ratermann
Präsident der Universität Gießen und Vizepräsident des DAAD

 

Kulturelle Weltoffenheit und Forschung auf Topniveau verbindet Bénédicte Savoy. Die franzö­sische Kunsthistorikerin kam als Schülerin erstmals nach Berlin. „Austausch und Begegnung machen uns generell zu Menschen“, sagt sie. Für ein neues Projekt über Beutekunst möchte die Professorin, die im Netzwerk der Humboldt-Stiftung auch Gastgeberin für Stipendiaten ist, ein „sehr internationales, buntes Team zusammenstellen“.

BÉNÉDICTE SAVOY © Stephan Pramme
Kunsthistorikerin an der TU Berlin, Leibniz-Preisträgerin 2016

 

Seit 2012 hat das schon seit 1969 bestehende Deutsch-Israelische Programm zur Zusammenarbeit in der Berufsbildung ein weiteres Element: den Austausch von Auszubildenden. Atar Mandel, Auszubildende in Architektur und Design, war 2015 dabei. Gemeinsam mit 17 anderen Israelis verbrachte sie drei ­Wochen in Deutschland. Ihre Erwartungen, neue Materialien und Techniken kennenzulernen, seien „mehr als erfüllt“ worden, sagt die 28-Jährige.

ATAR MANDEL © Anika Büssemeier
Teilnehmerin des Deutsch-Israelischen Programms zur Zusammenarbeit in der Berufsbildung

 

Verantwortung übernehmen, Bildungschancen nutzen: Das aus Mitteln des Auswärtigen Amts finanzierte DAAD-Stipendienprogramm „Führungs­kräfte für Syrien“ ermöglicht jungen, hoch talentierten Syrerinnen und Syrern, in Deutschland ein Studium abzuschließen. „Das Stipendium bietet mir eine wertvolle neue Perspek­tive“, sagt Osama Makansi, der Informatik studiert.

OSAMA MAKANSI © Stefan Maria Rother
Student an der Universität Freiburg, Stipendiat im Programm „Führungskräfte für Syrien“

 

Internationale Logistik – das ist die Welt von Misbah Naz. Sie arbeitet bei der pakistanischen Partnerfirma von DB Schenker. Naz war eine der ersten Absolventinnen des dualen Ausbildungsprogramms, das die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in dem Land umsetzt. „Am meisten freue ich mich, wenn ich einen aussichts­reichen Auftrag für meine Firma an Land ziehe.“

MISBAH NAZ © Abdul Majeed Goraya
Logistikprofi mit dualer Ausbildung

 

Modernste Technik ist für die Auszubildenden bei Volks­wagen Mexiko Alltag. Ernesto Reyes (18) kann inzwischen gekonnt mit Industrierobotern umgehen. Vieles hat sich verändert, seit VW vor 50 Jahren in Puebla seine Ausbildungs­akademie eröffnete – doch die Idee der dualen Ausbildung bleibt. Und sie eröffnet Perspektiven: „Nach dem Abschluss möchte ich ein Ingenieurstudium beginnen“, sagt Reyes.

ERNESTO REYES © Sandra Weiss
Angehender Mechatroniker, Auszubildender bei Volkswagen Mexiko in Puebla

 

Aufeinander zugehen, um den anderen besser verstehen zu können: Das Deutsch-Russische Jahr des Jugendaustauschs 2016/2017 bietet dafür viele Möglichkeiten, etwa im Deutsch-Russischen Jugend­parlament. Michail Kriwopal, ehemaliger Ko-Vorsitzender des Parlaments, sagt: „Der gemeinsame Austausch, etwa in Form von politischen Debatten, ist für alle sehr lehrreich und interessant.“

MICHAIL KRIWOPAL © Stiftung DRJA/Marco Fieber
Journalist, engagiert im deutsch-russischen Jugendaustausch

 

Kaum zu glauben, dass ­Anastasia Gotgelf vor drei Jahren kein Wort Deutsch sprach. Fast akzentfrei erzählt die 25-jährige Russin heute, wie froh sie war, als sie 2013 in ­Berlin einen Masterstudiengang auf Englisch beginnen konnte. In Deutschland werden mehr als 1300 fremdsprachige und inter­nationale Studiengänge angeboten. „Die Fächerauswahl ist riesig. Und in meinem Masterstudiengang kann ich vieles frei wählen – ein toller Vorteil.“

ANASTASIA GOTGELF © privat
Master-Studentin in „Integrated Natural ­Resource Management“ an der Humboldt-­Universität zu Berlin

 

Wenn Nguyen Minh Tan sich etwas wünschen würde, dann wäre dies noch mehr Koopera­tion. Der deutsch-vietname­sische Wissenschaftsaustausch ist das Herzensthema der Verfahrenstechnikerin der Hanoi University of Science and Technology. Als Initiatorin und Leiterin der „Germany Alumni Green Group“ wirbt die ehemalige DAAD-Stipendiatin (TU Dresden) für Kooperation und ­wissenschaftliche Mobilität. „Wir initiieren gemeinsame Projekte, vermitteln Praktika, ­organisieren Seminare.“

NGUYEN MINH TAN © Jonas Ratermann
Germany Alumni Green Group

 

Es hätte nicht besser laufen können für Tiberiu-Stefan Grindei. Der 27-jährige Rumäne zog vor sechs Jahren nach Deutschland, wo er eine duale Ausbildung zum Verfahrens­mechaniker begann. Was er in der Berufsschule lernte, wendete er direkt im Betrieb an. Sein Chef war von ihm überzeugt – und übernahm ihn nach der Ausbildung. Jetzt hat er ein neues Ziel vor Augen: „Ich möchte mich weiterbilden und irgendwann vielleicht meinen Meister machen.“

TIBERIU-STEFAN GRINDEI © privat
Verfahrensmechaniker, wurde nach dualer Ausbildung vom Mittelständler Betec Beschichtungstechnik übernommen

 

Lernen für die Praxis: Schon am Istanbul Lisesi, das zum Netzwerk der deutschen Partnerschulinitiative PASCH gehört, gefiel Cansu Sancaktar, wie die Schüler zu aktiven ­Beiträgen motiviert wurden. An der Technischen Universität München studiert sie nun ­Elektrotechnik und schätzt den offenen Austausch mit den ­Lehrenden. „Ich habe schon früh den Wunsch gehabt, wegen der guten Universitäten und Forschungsinfrastruktur ein Ingenieurstudium in Deutschland zu beginnen“, sagt sie. „Meine Erwartungen wurden erfüllt.“

CANSU SANCAKTAR © privat
Stipendiatin im DAAD-Programm für die Absolventen Deutscher Auslandsschulen 

 

Politischer Neubeginn für ein Land mit schwieriger Vergangenheit: Das Ende der ­Militärdiktatur in Myanmar brachte auch für Khin San Yee ­einen Wechsel. Die frühere Hochschulrektorin, die mit Förderung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Göttingen promoviert wurde, war von 2014 bis Anfang 2016 Bildungsministerin ihres Landes. „Das deutsche ­Bildungssystem kann für uns ein Vorbild sein“, sagt sie.  


KHIN SAN YEE © Stephan Pramme
DAAD-Alumna und ehemalige Bildungsministerin Myanmars

 

Bildung hat Priorität, findet Shehab Alsaied. 2014, als die Lage in seiner Heimat Syrien schlimmer wurde, floh er in die Türkei und schrieb sich in Ankara für Gesundheitswissenschaften ein. Sein Studium ­finanziert er mit einem DAFI-Stipendium. Das vom Auswärtigen Amt unterstützte Programm des UNHCR hat seit 1992 mehr als 8000 Flüchtlingen ein Studium ermöglicht. „Ich kann mich ­damit auf meinen Abschluss konzentrieren“, sagt Shehab.

SHEHAB ALSAIED © privat
Stipendiat der Deutschen Akademischen Flüchtlingsinitiative ­Albert ­Einstein (DAFI) in Ankara

 

Deutsche Auslandsschulen gibt es weltweit: von San Francisco bis Singapur, von Moskau bis Melbourne. Als die junge US-Amerikanerin Athena Dunkle in Deutschland lebte, lernten sie und ihre Eltern das deutsche Schulsystem schätzen. Nach der Rückkehr in die USA ist Athena froh, die Deutsche Schule Washington besuchen zu können. „Ich kann hier sehr vielen weltoffenen Persönlichkeiten begegnen“, sagt die 16-Jährige. Deutsch zu lernen sei nicht einfach gewesen, aber es habe sich gelohnt.

ATHENA DUNKLE © DSW/Beate Mahious
Schülerin der Deutschen Schule in Washington, D.C.

 

Das junge Europa prägen Studierende, die das Austauschprogramm Erasmus+ der Europäischen Union nutzen. Deutsche Hochschulen pflegen längst zahlreiche Erasmus-Partnerschaften, die über die klas­sischen Zielländer Spanien, Frankreich und Großbritannien hinausgehen. Der Jurastudent Jan Rinklake ist von der Freien Universität Berlin nach Litauen gegangen. Er sagt: „Austauschprogramme wie Erasmus ermöglichen vielen Menschen Perspektivwechsel. Für ein Europa in der Krise ist das besonders wichtig.“

JAN RINKLAKE © privat
Jurastudent, für ein Erasmus-Semester an der Mykolo Romerio Universitetas in Litauen

 

Im Unterricht ist zwar vieles anders als in China, doch schon nach kurzer Zeit findet Minsong He seine neue Schule, die Gasteltern und die neuen Kumpels in Rostock richtig gut. Für acht Monate ist die Stadt an der Ostsee sein Zuhause. Minsong He ist einer von vielen Jugend­lichen, die 2016 im Deutsch-Chinesischen Jahr für Schüler- und Jugendaustausch das jeweils andere Land intensiv kennenlernen. „Ich möchte später in Deutschland Ingenieurwissenschaften studieren“, sagt er.


MINSONG HE © Ove Arscholl
Teilnehmer am Deutsch-Chinesischen Schüleraustausch