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Den Killerviren auf der Spur

Fabian Leendertz vom Robert Koch Institut erforscht Erreger aus dem Tierreich in Afrika. Er sagt, wo die größte Gefahr lauert. 

Interview: Martin Orth, 25.05.2020
Im Regenwald leben Tausende unbekannte Viren
Im Regenwald leben Tausende unbekannte Viren © dpa

Herr Dr. Leendertz, Ihre Arbeitsgruppe „Epidemiologie hochpathogener Erreger“ erforscht bereits seit 2007 den Ursprung von gefährlichen Viren im tropischen Afrika. Was machen Sie da genau? Und warum in Afrika?

Unsere Arbeitsgruppe vereint verschiedene Ansätze, um den Ursprung und mögliche Reservoirs, Übertragungswege und evolutionäre Pfade von Zoonosen, also Erregern aus dem Tierreich, zu erforschen. Wir konzentrieren uns dabei besonders auf das Afrika südlich der Sahara, das im Ver­gleich zu anderen Regionen der Welt eine unverhältnismäßig hohe Last an Infektionskrankheiten zu bewältigen hat, und gleichzeitig ein Hotspot für das Entstehen neuartiger Zoonosen ist.

Dr. Fabian Leendertz, Forscher am Robert Koch Institut in Berlin
Dr. Fabian Leendertz, Forscher am Robert Koch Institut in Berlin © privat

Sind die dort auftretenden Erreger von regionaler oder globaler Bedeutung?

Obwohl die Erreger in der Regel in entlegenen Gebieten der Erde mit schwach entwickelter Infra­struktur den Sprung auf den Menschen geschafft haben, verdeutlicht die Ausbreitung von HIV, SARS-Coronavirus, Ebolavirus und H5N1, dass Zoonosen nicht mehr nur von lokaler Bedeutung sind, sondern eine weltweite Bedrohung darstellen können. Aus diesem Grund ist die Erforschung der Mechanismen, wie sich solche Krankheiten in Hoch-Risikogebieten ausbreiten, von direkter Relevanz für das globale Gesundheitswesen.

Die häufigste Übertragungsursache ist, wenn Menschen in bis dato unberührte Gegenden mit hoher Biodiversität vordringen.
Dr. Fabian Leendertz, Forscher am Robert Koch Institut in Berlin

Ein Fokus liegt auf wildlebenden Menschenaffen…

Ja, weil Erreger, die von nicht menschlichen Primaten stammen, aufgrund der genetischen Nähe zum Menschen oft leichter auf uns übertragbar sind. Unsere Forschung erstreckt sich zudem auf mögliche tierische Wirte und Zwischenwirte, besonders solche die sich in oder in der Nähe menschlicher Sied­lungen aufhalten wie Nutz- und Haustiere, Fledermäuse und Nager. Zeitgleich erheben wir Daten zu Umwelt- und epidemiologischen Faktoren in den Zielregionen.

Drei von fünf neu auftretenden Infektionskrankheiten sind heute tierischen Ursprungs. Was ist die häufigste Übertragungsursache?

Mensch und Tier stehen in engen Kontakt und das ist besonders dort relevant, wo Menschen in bis dato unberührte Gegenden mit hoher Biodiversität – und damit auch einer großen Diversität an Mikroorganismen – vordringen.

Afrika gilt auf Grund eines kaum vorhandenen Gesundheitssystems als besonders gefährdeter Kontinent. Welche Lösungen schweben Ihnen für diese Länder vor?

Wir sind der Meinung, dass lokal angepasste Interventionsstrategien – basierend auf Surveillance­daten, die klinische und Labordaten von Standorten mit Unterschieden in Umwelt und Demografie vereinen – die humane Gesundheit effektiver verbessern als vertikale Gesundheitsprogramme. Gute partnerschaftliche Zusammenarbeit mit afrikanischen Institutionen ist hierbei zentral.

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