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Innovation als Teamleistung

Gemischte Gruppen, aktuelle Aufgaben, viele neue Ideen: Bei diesem Austauschprogramm lösen junge Israelis und Deutsche gemeinsam reale „Challenges“ der Digitalisierung.

Dr. Astrid Herbold, 18.06.2019
Open Innovation: Gemeinsam neue Ideen entwickeln.
Open Innovation: Gemeinsam neue Ideen entwickeln. © Tal Soltz

„Ich wollte nach den theoretischen Inhalten im Studium gerne endlich praktische Erfahrungen sammeln“, sagt Hagai Mirkin, der kurz vor seinem Psychologie- und Politologieabschluss steht. Der Student der Ben-Gurion-Universität des Negev bewarb sich 2019 beim Bavaria Israel Partnership Accelerator (BIPA) – und wurde Im Frühjahr prompt nach München eingeladen. Was dann kam, übertraf Mirkins Erwartungen: „Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass das BIPA mein Leben verändert hat.“

Open Innovation als Konzept

Zwei Länder, vier Firmen, 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, 60 Tage Zeit – das sind die Eckdaten des zweimal jährlich ausgerichteten Austauschprogramms zwischen der bayerischen Landeshauptstadt München und Be’er Scheva in Israel. Das Ziel: Junge Menschen aller Studienrichtungen näher an die deutsche beziehungsweise die israelische Hightech-Industrie heranzuführen. Dafür verfolgen die Organisatoren – das Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE) der Hochschule München und die Tech- und Entrepreneurship-Community Tech7 in Be’er Scheva – ein besonderes Konzept: Open Innovation. „Firmen nutzen dabei Input von außen, um Prozesse zu beschleunigen oder schneller und effektiver Lösungen zu entwickeln“, erklärt die BIPA-Koordinatorin Tal Soltz von Tech7.

Von den rund 60 bis 80 Bewerbern pro Land werden zunächst jeweils zehn ausgewählt. „Wir schauen weniger auf akademische Leistungen und Bestnoten“, sagt Soltz. Wichtiger sei, dass die Bewerberinnen und Bewerber offen sind für den interkulturellen Dialog. Die Teilnehmer müssen außerdem entweder noch studieren oder ihr Studienabschluss darf nicht länger als fünf Jahre zurückliegen.

Die Partner: Startups, Mittelstand und Weltmarktführer

Zunächst trifft sich die internationale Gruppe zu einem einwöchigen Auftakt-Workshop in Be’er Scheva oder München. Hier lernen die Teilnehmer die mitwirkenden Unternehmen kennen, besuchen Firmensitze und besprechen sich mit CEOs oder anderen Führungskräften. Die Firmen bringen jeweils eine konkrete Aufgabe, eine „Challenge“, im Bereich der Digitalisierung mit, bei der das junge BIPA-Team unterstützen soll. Im Frühling 2019 hieß das Thema Digital Health; alle bayerischen Unternehmen kamen aus diesem Bereich. Regelmäßig stehen auch Themen wie Smart Mobility oder IT-Security im Fokus. „Vom Münchner Startup über den erfolgreichen Mittelständler bis zu Konzernen wie Siemens oder Audi war schon alles dabei“, erzählt der deutsche Programmkoordinator Morten Edzards vom SCE. Oft sollen Geschäftsmodelle oder Marketingstrategien entwickelt werden; manchmal soll ein neuer Markt erschlossen, ein neues Online-Tool implementiert oder eine Zielgruppe genauer angesprochen werden.

Teamwork lebt von Diversität

Dass nicht alle BIPA-Teilnehmer einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund haben, ist dabei kein Nachteil. „Im Gegenteil“, betont Edzards. Gerade die Interdisziplinarität bringe erstaunlich innovative Ideen hervor. Die Organisatoren achten deshalb bei der Zusammenstellung der Teams – je fünf Teilnehmer bearbeiten gemeinsam eine Aufgabe – vor allem auf Diversität. Die Medizinerin sitzt dann neben dem angehenden Wirtschaftsingenieur, der Politologe neben der Afrikawissenschaftlerin und der Musikstudent neben der Industriedesignerin. Die eigentliche Arbeit der Teams findet nach der Auftaktwoche überwiegend virtuell statt. Unterstützt von Mentoren müssen sich die Gruppen über mehrere Wochen eigenständig organisieren, egal ob per Skype, Trello oder Google Docs. Anfangs hätten sich dabei die Klischees über beide Länder durchaus bestätigt, erzählt Hagai Mirkin. „Die Deutschen sind viel organisierter.“ Doch schnell sei das Denken in Stereotypen in den Hintergrund getreten. Mirkins Fazit: „So verschieden sind wir nicht – und wo es kulturelle Unterschiede gibt, ergänzen wir uns sehr gut.“

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Programm weckt Unternehmergeist

Zum Schluss gibt es dann noch eine Workshop-Woche – diesmal im jeweils anderen Land. Hier präsentieren die Teams nach zwei Monaten Forschung ihre Ergebnisse. „Für die Unternehmen aus Bayern ist es ein großer Gewinn, mit israelischen Studierenden und Young Professionell zu kooperieren“, sagt Edzards. Denn das Bundesland sei zwar ein starker Industriestandort, „aber die Internationalität ist noch nicht so stark ausgeprägt. Das wollen wir mit BIPA ändern.“ Die Firmen seien jedes Jahr begeistert, wie professionell die jungen Leute arbeiten und wie einfallsreich die Lösungen ausfallen.

Hagai Mirkin kann sich jetzt vorstellen, künftig in Deutschland zu arbeiten. „Das ist für mich durchaus denkbar geworden.“ Nicht nur, weil er in ein Münchner Digital Health-Unternehmen reinschnuppern konnte – sondern vor allem wegen der Freundschaften, die innerhalb der Gruppe entstanden sind. „Wir halten alle weiterhin engen Kontakt.“ Viele der ehemaligen Teilnehmer würden später selbst gern Startups gründen, erzählt Tal Soltz. „BIPA weckt bei vielen den unternehmerischen Geist.“ Neben den persönlichen Netzwerken, die zwischen Deutschland und Israel entstehen, sei das der größte Erfolg des Programms.

Für die nächste zweimonatige Runde von BIPA, diesmal mit Start in Be’er Scheva und Schlusspräsentation in München, sind Bewerbungen voraussichtlich ab Mitte Juli über das Online-Portal möglich.

© www.deutschland.de

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