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Eine Frau greift nach den Sternen

Die Astronomin Anna Frebel hat am Nachthimmel über Chile spektakuläre Entdeckungen gemacht.

Christoph Drösser, 25.03.2015

Anna Frebel, Jahrgang 1980, gehört schon jetzt zu den internationalen Stars der Astronomie. Das liegt zum einen an den Entdeckungen, die sie mit schöner Regelmäßigkeit macht: Immer wieder findet die Forscherin Sterne, die älter sind als alle bislang bekannten. Doch sie ist auch eine Botschafterin ihrer Disziplin. In Vorträgen, Filmen und Büchern versucht sie, vor allem junge Menschen für die Astronomie zu begeistern.

Ein wichtiger Ort der Forschungsarbeit Frebels sind die Magellan-Teleskope im chilenischen Las-Campanas-Observatorium. Dort stört keine Großstadt mit ihren Lichtern den schwachen Schein der himmlischen Objekte und es gibt genügend wolkenfreie Nächte. Trotzdem kann es immer wieder passieren, dass das Wetter die schönsten Planungen über den Haufen wirft – bisweilen saß Frebel nächtelang in dem Observatorium und war zum Warten verdammt.

Die alten Sterne, nach denen Frebel sucht, sollen möglichst zur zweiten oder dritten Generation nach dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren gehören. Die Sterne der ersten Generation waren Riesen aus Wasserstoff und Helium, etwa hundert Mal so schwer wie unsere Sonne, die schon nach wenigen Millionen Jahren explodierten. Erst dabei entstanden die höheren Elemente – ohne diese kosmischen Katastrophen gäbe es keine Planeten und kein Leben. Die zweite Generation brachte dann schon langlebigere Sterne hervor, von denen manche bis heute strahlen.

Wer nach alten Sternen sucht, sucht also nach Sternen mit möglichst wenig höheren Elementen, die Astronomen nennen sie „metallarm“. Ihre chemische Zusammensetzung bestimmt man, indem man sie mit dem Teleskop anpeilt und ihr Lichtspektrum analysiert. Das ist auch heute noch Nachtarbeit. Bis zu 100 Sterne pro Nacht hat Frebel auf diese Weise vermessen und aussortiert, bei ihrer ersten Entdeckung nahm das eineinhalb Jahre in Anspruch. „Beim Beobachten befindet man sich quasi wie in einem dritten Daseinszustand, bei dem man weder schläft noch wach ist“, beschreibt sie diese Nächte in ihrem Buch „Auf der Suche nach den ältesten Sternen“. Das Warten lohnt sich: Im Jahr 2014 konnte sie zusammen mit ihrem Team einen neuen Rekordhalter vermelden, einen Stern namens SMSS0313 -6708, der metallärmste, der je vermessen wurde.

Anna Frebel, Professorin am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA), hat bewiesen, dass sie ihre Entdeckungen nicht nur zähem Durchhaltevermögen und einer Portion Forscherglück zu verdanken hat. Sie mag beides, konkrete Beobachtung am Teleskop und abstrakte Theoriebildung. Ihre wichtigste Stärke sieht sie darin, „dass ich lange genug auf irgendetwas starre, was für andere Leute langweilig aussieht, und irgendwann macht es klick, und dann haben wir einen neuen Blickwinkel“. ▪