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Erfolgreiches „Mainzer Modell“

Das Forscherpaar Özlem Türeci und Ugur Sahin agiert auf hohem Niveau.

Johannes Göbel, 26.03.2015

Özlem Türeci ist begeistert von ihrem neuen Arbeitsumfeld: „Wir haben hier ideale Bedingungen, die neueste Labortechnologie. Ich denke, das wird unsere innovativen Arbeiten sehr beflügeln.“ Die Geschäftsführerin der Ganymed Pharmaceuticals AG konnte gemeinsam mit ihrem Mann Ugur Sahin im Oktober 2014 die Eröffnung eines neuen biotechnologischen Forschungs- und Entwicklungszentrums feiern. Wie seine Frau ist auch Ugur Sahin ein hoch anerkannter Forscher. Er ist allerdings mit seiner eigenen Firma in den Mainzer Gebäudekomplex eingezogen: Biontech beschäftigt rund 230 der insgesamt 300 Mitarbeiter des neuen Forschungszentrums.

Biontech und Ganymed verbindet auch das Forschungsziel, innovative Antworten auf die Krankheit Krebs zu finden. Ganymed entwickelt hoch spezifische Antikörperwirkstoffe, die das Tumorwachstum bremsen und Tumorzellen absterben lassen. Biontech führt genetische Untersuchungen von Krebszellen durch und legt damit die Basis für individuelle Impfcocktails. Die helfen dem Immunsystem, die Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören. Der individualisierte Ansatz ist für Ugur Sahin „das A und O jeder Krebstherapie“.

Beide Unternehmen werden von außergewöhnlichen Forscherpersönlichkeiten geleitet. Özlem Türeci wuchs in Istanbul und in Niedersachsen auf, wo ihr Vater als Arzt in einem Krankenhaus arbeitete. Sie studierte Medizin an der Universität des Saarlandes, ging in die Forschung und wurde zugleich eine Top-Managerin in der Biotechnologie-Branche. Ein Beispiel: Das 2001 gegründete Unternehmen Ganymed benötigte keine zehn Jahre um rund 115 Millionen Euro Wagniskapital von Investoren einzuwerben. Ugur Sahins Firma Biontech wurde erst 2008 gegründet, verfügt aber längst über einen hervorragenden Ruf. Zu diesem trägt natürlich die wissenschaftliche Expertise des in Iskenderun geborenen Sahin bei, der unter anderem 50 unabhängige Patente in den Bereichen neue Krebsbiomarker und spezifische therapeutische Plattformen hält.

Ein einzigartiges Umfeld

Ihre Kompetenzen bündeln Sahin und Türeci nun in einem einzigartigen Umfeld auf einer Fläche von fast 10 000 Quadratmetern – rund 300 Millionen Euro hat das Projekt gekostet. Biontech und Ganymed gehören zudem zum Mainzer Spitzencluster „Individualisierte Immunintervention“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 40 Millionen Euro gefördert wurde.

Das neue Forschungszentrum liegt unweit des Mainzer Universitätsklinikums; sowohl Biontech als auch Ganymed sind Ausgründungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Der Wissenschaftsszene sind beide Unternehmen nach wie vor eng verbunden. Ugur Sahin ist zum Beispiel in führender Position am Forschungszentrum für Immuntherapie der Gutenberg-Universität tätig.

Kein Wunder, dass bei der engen Kooperation von Universität, Forschungsorganisationen und Unternehmen das Schlagwort vom erfolgreichen „Mainzer Modell“ die Runde macht. Ulrich Förstermann, Wissenschaftlicher Vorstand der Mainzer Universitätsmedizin, machte anlässlich der Eröffnung des neuen Forschungszentrums deutlich, wie wertvoll der Austausch ist. Mit Blick auf die Forschungskette zwischen Wissenschaft und Wirtschaft hob Förstermann hervor: „Natürlich fließt Information in beide Richtungen. Wir bauen hier ein Wissen auf, das an anderen Standorten so nicht vorhanden ist.“ ▪