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„Gelernt haben wir nix“

Das Bauhaus steht auch für Gleichberechtigung: Einige Frauen haben außergewöhnliche Karrieren gemacht, andere Lebenswege verliefen dramatisch.

Ute Maasberg, 18.12.2018
Bauhausfrauen in Aktion – ein Foto von Katt Both
Bauhausfrauen in Aktion – ein Foto von Katt Both © Privatbesitz Nachlass Katt Both

„Gelernt haben wir nix, wir haben nur unseren Charakter gefestigt“, räsonierte die Architektin Katt Both über ihre Studienzeit am Bauhaus in Dessau. Überproportional viele Studentinnen – bis zu einem Drittel – haben am Bauhaus Kunst, Gestaltung und Architektur studiert. Anders als an den Hochschulen wurde hier kein Reifezeugnis verlangt. Und Gründungsdirektor Walter Gropius hatte eine gleichwertige Behandlung der Geschlechter versprochen. Eine absolute Gleichberechtigung gab es zwar nie. Trotzdem konnten sich einige Bauhausfrauen in den damaligen Männerdomänen Architektur und Design etablieren und außergewöhnliche Lebenswege gehen.

Das Tee-Extraktkännchen von Marianne Brandt
Das Tee-Extraktkännchen von Marianne Brandt © dpa-Zentralbild

„Die Beste und Genialste“

Die Künstlerin und Metalldesignerin Marianne Brandt zum Beispiel, die als Studentin mit ihrem Tee-Extraktkännchen aus Messing und Ebenholz 1924 eine der Bauhaus-Ikonen entwarf, übernahm 1928 die Leitung der Metallwerkstatt. Hier entwarf sie mit Hin Bredendieck Beleuchtungskörper für die Serienproduktion und organisierte die Zusammenarbeit mit Firmen, von der das ganze Bauhaus profitierte. Für ihren Lehrer László Moholy-Nagy war sie die beste und genialste Schülerin. Kein Wunder, dass Walter Gropius sie 1929 für die Ausstattung der Dammerstock-Siedlung in Karlsruhe engagierte.

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Verewigt in Kinderzeichnungen

Die Österreicherin Friedl Dicker-Brandeis, die dem Bauhausmeister Johannes Itten nach Weimar gefolgt war, hatte in der Textilklasse, Druckerei und Buchbinderei studiert. 1923 führte sie gemeinsam mit Franz Singer die „Werkstätten Bildender Kunst“. In dieser erfolgreichen Zusammenarbeit kamen Dickers vielfältige Talente als Innenraumgestalterin, Malerin, Grafikerin und Architektin zum Tragen. Dicker und Singer entwickelten innovative Wohnungseinrichtungen mit trickreichen und wandelbaren Möbeln. 1942 wurde Friedl Dicker-Brandeis nach Theresienstadt deportiert. Ihr Zeichen- und Gestaltungsunterricht, mit dem sie Kindern im Ghetto Kraft verlieh, hat sich bis heute in mehr als 5.000 Kinderzeichnungen bewahrt. Friedl Dicker wurde 1944 in Auschwitz ermordet.

Katt Both im Wassily Chair
Katt Both im Wassily Chair © Privatbesitz Nachlass Katt Both

Die erste Architektin

Das enge Netzwerk, das die Avantgarde am Bauhaus knüpfte, konnte auch Katt Both für ihren Berufseinstieg nutzen. Nach dem Studium in Dessau arbeitete sie im Architekturbüro der Brüder Luckhardt in Berlin und wurde schließlich im März 1929 von Otto Haesler in Celle als erste weibliche Architektin engagiert. Sie war an allen großen Bauvorhaben des Büros beteiligt.

Die „Architektur-Nomadin“

Mit dem Nationalsozialismus und den Berufsverboten nach 1933 erfuhren die meisten Biografien der Bauhausfrauen eine tiefe Zäsur. Nur wenige konnten nach 1945 wieder an die Karriere in den 1920er-Jahren anknüpfen. Eine von ihnen war die Architektin und Städtebauerin Lotte Stam-Beese. Sie war an den Wiederaufbauplanungen von Rotterdam beteiligt. 1929 hatte sie ihr Studium am Bauhaus abgebrochen und begann wie eine „Architektur-Nomadin“ durch ganz Europa zu ziehen, immer auf der Suche nach einem Job als Entwerferin. Sie wollte selbstbestimmt und unabhängig sein und das als junge Mutter. 1932 folgte sie den deutschen Baubrigaden um Hannes Meyer und Ernst May in die Ukraine und lernte hier den niederländischen Architekten Mart Stam kennen. 1940 verließen beide die UDSSR und Lotte Stam-Beese holte als 41-jährige in Amsterdam ihr Architekturdiplom nach und begann ihre Karriere als Städtebauerin.

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