„Neue journalistische Akteure“
Welche Rolle spielen politische Influencer bei der Mediennutzung in Deutschland? Dazu forscht Kommunikationswissenschaftlerin Lisa Merten.
Frau Merten, welche Bedeutung haben Influencer für die Meinungsbildung in Deutschland?
Mehr als ein Drittel der Menschen in Deutschland nutzen soziale Medien, um sich über Nachrichten und politische Ereignisse zu informieren. Neben anderen Akteuren spielen dort politische Influencer eine Rolle. Das können Menschen sein, die ihre Wurzeln im Journalismus haben, wie Jan Böhmermann oder Sophie Passmann. Daneben gibt es Content-Creator mit anderen Schwerpunkten, etwa Fitness, Mode oder Musik, die sich aber auch zu politisch-gesellschaftlichen Themen äußern. Die sind besonders interessant.
Warum?
Wir haben in einer Studie jene Personen untersucht, die den 500 größten Instagram-Accounts in Deutschland folgen. Fast 70 Prozent von ihnen folgen daneben keinem einzigen journalistischen oder politischen Account. Wenn sich also ein beliebter Sportler oder eine prominente Sängerin äußert, kann das große Wirkung haben, weil deren Publikum keinen politischen Quellen folgt und vielleicht auch außerhalb der sozialen Medien kaum Nachrichten konsumiert.
Kann das auch problematisch sein?
Wenn Influencer für Nutzerinnen und Nutzer die einzige Quelle sind, dann kommen wir schnell zum Thema mangelnde Meinungsvielfalt und Desinformation. Je einflussreicher Influencer für unsere Nachrichtennutzung sind, umso eher sollten wir anfangen, sie wie andere journalistische Akteure zu behandeln, die sich an journalistische Sorgfaltspflichten halten müssen.
Ihr Projekt läuft unter dem Dach des „Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt“. Was hat gesellschaftlicher Zusammenhalt mit Influencern zu tun?
Politische Influencer stellen neue journalistische Akteure dar, weil sie zusammen mit dem Publikum aushandeln können, was relevante Themen und Werte einer Gesellschaft sind. Sie bringen andere Stimmen und mehr Diversität in Debatten ein.
Dr. Lisa Merten ist Postdoktorandin am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut in Hamburg.