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Miteinander wachsen

Stefan kam zwei Jahre vor dem Mauerfall zur Welt. Zwar ist er im vereinten Deutschland aufgewachsen, aber die Spuren der Teilung sieht er bis heute.

Kim Berg, 25.09.2019
Gemälde von Birgit Kinder an der Ostseite der Berliner Mauer.
Gemälde von Birgit Kinder an der Ostseite der Berliner Mauer. © dpa

Die Mauer hat in meinem Leben nie eine besondere Rolle gespielt. Ich wurde zwar in Ostberlin geboren und bin dort auch aufgewachsen, trotzdem besaß sie für mich keine wirkliche Relevanz. In meinem Studium in Westberlin war ich dennoch immer der „Ossi“, was mir aber ganz gut gefallen hat. Ich hab mich wohl gefühlt in der Rolle des proletarischen Nord-Ost Berliners. Ein bisschen Lokalpatriotismus hat da immer mitgeschwungen.

Der Westen setzte Maßstäbe, der Osten musste folgen

Ich habe das Gefühl, dass der Westen nach der Wende den Weg vorgab und der Osten folgen musste. Das lag wahrscheinlich daran, dass die Westdeutschen bereits viel länger Bundesbürger waren als die Ostdeutschen. Man müsste eigentlich denken, dass sowas nach 30 Jahren keine so große Rolle mehr spielt, aber das ist falsch.

Während der letzten Landtagswahlen, habe ich meine Parteikollegen von der Linken in Sachsen unterstützt. Dort haben wir den massiven Rückgang guter Infrastruktur, wie Bahnverbindungen, in ländlichen Gegenden miterlebt. Das ärgert die Bewohner, die sich immer noch abgehängt fühlen.

Die politische Lage unterscheidet sich zwischen Ost und West

Auch die politische Lage ist eine andere als im Westen. Heute haben wir in Ostdeutschland viel mehr rechte Wähler als im Westen. Natürlich ist das kein direktes Resultat aus dem Mauerfall, die Zeit nach der Wende hat aber sicherlich einen Teil dazu beigetragen.

Wir müssen miteinander wachsen, statt anderen einen Weg vorzugeben.
Stefan Böhme, Ingenieur

Um diese Probleme zu lösen, müssten Politik und Bürger mehr auf die Bedürfnisse der Ostdeutschen eingehen. Eine massive Investition in die Infrastruktur und eine Angleichung der strukturellen Ungleichheiten wären ein guter Anfang, finde ich. Aber wir müssen noch viel mehr tun, um die Unterschiede zwischen Osten und Westen auch dauerhaft zu überwinden.

Miteinander wachsen, statt anderen einen bestimmten Weg vorzugeben. Ich glaube, nur so können wir in Deutschland auch zu einer tatsächlichen Einheit finden.

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