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„Ein unglaublicher Kraftakt“

212.000 deutsche und europäische Touristen wurden wegen der Corona-Krise bisher nach Hause geholt, Frank Hartmann vom AA erklärt, wie das organisiert wird.

09.04.2020
Frank Hartmann, Krisenbeauftragter des Auswärtigen Amts
Frank Hartmann, Krisenbeauftragter des Auswärtigen Amts © dpa

Herr Hartmann, Sie sind im Auswärtigen Amt verantwortlich für die beispiellose Rückholaktion von Touristen wegen der Corona-Krise. Haben sie Zahlen über den aktuellen Stand?

Seit Ankündigung der Rückholaktion durch Außenminister Maas am 17.3.2020 wurden bisher mehr als 212.000 Deutsche zurückgeholt, mehr als 58.000 in mehr als 230 Sonderflügen des Auswärtigen Amts, die übrigen Reisenden flogen mit kommerziellen Flügen, wobei wir oft unterstützend tätig waren. So haben wir uns in vielen Ländern, in denen die Flughäfen schon geschlossen waren und Ausgangssperren verfügt waren, dafür eingesetzt, dass die Sonderflüge überhaupt zugelassen werden und die Touristen zu den Flughäfen reisen können, wie etwa in Neuseeland. Diese Operation war wenn sie demnächst beendet wird, die größte und umfassendste Rückholaktion in der Geschichte des Auswärtigen Amtes, die nur durch einen unglaublichen Kraftakt und die Unterstützung zahlreicher Kollegen im In- und Ausland gemeistert werden konnte.

In den deutschen Flugzeugen fliegen auch Urlauber aus anderen europäischen Ländern mit?

Es ist praktizierte Solidarität mit anderen EU-Mitgliedstaaten und weiteren Partnerländern wie etwa Israel, dass wir auch ihre Staatsangehörigen mitnehmen. Das ist ein Geben und Nehmen unter Partnern, die zum Teil Destinationen anfliegen, die wir nicht bedienen. So konnten wir bisher etwa 5.000 Staatsangehörigen von EU-Mitgliedstaaten und weitere 1000 aus Drittstaaten ihre Heimreise über Deutschland ermöglichen.

Die Rückholaktion ist praktizierte Solidarität mit anderen EU-Mitgliedstaaten und weiteren Partnerländern.
Frank Hartmann, Krisenbeauftragter des Auswärtigen Amts

Wie funktionieren die Absprachen mit den europäischen Partnern?

Wir kündigen unsere Sonderflüge vor Abflug allen EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission gegenüber an. Da gibt es eine Datenbank in der eingetragen wird, welcher Staat welche Bedürfnisse hat und wer Plätze in Flugzeugen anbieten kann. Das geschieht auch direkt zwischen den Hauptstädten, nicht nur mit EU-Partnern wie Frankreich, Spanien, oder Österreich, sondern sehr intensiv auch mit der Schweiz und Israel. Vor Ort koordinieren unsere Botschaften die Passagierlisten mit den Partnerländern . Im Gegenzug bieten die anderen Staaten uns Kontingente an, die wir dann lokal durch die Auslandsvertretungen nutzen können.

Deutsche und europäische Touristen werden von den Philippinen geholt
Deutsche und europäische Touristen werden von den Philippinen geholt © dpa

Wie erfahren Touristen ohne deutschen Pass, dass sie in einer deutschen Maschine mitfliegen können?

Unsere Botschafterinnen und Botschafter koordinieren sich hierzu vor Ort mit den Botschaften von EU-Mitgliedstaaten und von Partnerländern, die ihre Staatsangehörige über die Mitflugmöglichkeiten informieren. Das ist meist vergleichbar mit den Informationen, die deutschen Botschaften über die sogenannten ELEFAND-Listen per Landsleutebrief oder über soziale Medien weitergeben. Auch in Brüssel und zwischen den jeweiligen Außenministerien werden Informationen über Sonderflüge ausgetauscht, die im Auswärtigen Amt bei den ungefähr 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Rückholaktion bearbeitet und an die Botschaften weitergegeben werden.

Was sind jetzt die größten anstehenden Aufgaben?

Für die Rückholaktion organisieren wir noch einige Sonderflüge in Staaten, aus denen eine Rückholung bisher nicht möglich war, dies sind vor allem. Neuseeland und Südafrika. Diese Aufgaben werden wir in Kürze abschließen. Wenn die großen Gruppen aus den Hauptdestinationen zurückgekehrt sind, werden wir uns weiter durch unsere Botschaften und Konsulate um diejenigen deutschen Staatsangehörigen kümmern, die Hilfe im Ausland benötigen. Wir werden uns auch nach Ende der Rückholaktion bemühen, Möglichkeiten zur Rückkehr nach Deutschland zu finden, etwa durch Rückhoflüge anderer europäischer Partner. Dazu müssen wir unsere Auslandsvertretungen aktiv unterstützen und Vorsorge für Notfälle treffen. Denn aus der Pandemie können vor dem Hintergrund schlechter Versorgungslagen und unzureichender Gesundheitssysteme in vielen Ländern auch akute Krisensituationen entstehen. Für solche Fälle sind wir durch das nationale Krisenmanagement, für das das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Verteidigung gemeinsam verantwortlich sind, gut aufgestellt.

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