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Kanadier mögen Deutschland

Eine neue Umfrage zeigt: Deutschland ist in Kanada besonders beliebt – unter anderem wegen Deutschlands Rolle in der Flüchtlingskrise.

Christine Mattauch, 07.06.2018
Premierminister Trudeau und Bundeskanzlerin Merkel
Premierminister Trudeau und Bundeskanzlerin Merkel © dpa

Es war eine Reisewarnung der besonderen Art. „Seid nett, brüstet euch nicht und gebt eine Runde heiße Schokolade aus“ twitterte das Auswärtige Amt am 23. Februar. Die Adressaten: Deutsche, die sich in Kanada aufhielten. Der Anlass: Überraschend hatte die deutsche Eishockeymannschaft die kanadische im olympischen Halbfinale besiegt. Die Diplomaten rieten ihren Landsleuten zu einem „hohen Maß an Mitgefühl“: „Überlegt, wie wir uns fühlen würden, wenn uns die Kanadier im Fußball geschlagen hätten.“ Wenig später meldete sich das kanadische Außenministerium zu Wort, gratulierte zum Finaleintritt und ergänzte lässig „Wir erinnern uns an unser erstes Spiel um Gold, als wäre es gestern gewesen – 1920, um genau zu sein.“ Seitdem hat Kanada neunmal Gold geholt.

„Canada’s World Survey 2018“: Bestnoten für Deutschland

Das kleine Geplänkel zeigt, wie gut es um die deutsch-kanadischen Beziehungen steht – offiziell und informell. In einer kürzlich veröffentlichten repräsentativen Befragung von mehr als 1.500 Kanadiern, „Canada’s World Survey 2018“, erreicht Deutschland Bestnoten: 17 Prozent der Kanadier beurteilen es als „herausragende positive Kraft in der heutigen Welt“. Das ist Platz zwei hinter dem eigenen Land, Kanada. Zehn Jahre zuvor, im Survey 2008, war Deutschland nur von vier Prozent der Befragten positiv wahrgenommen worden. Damals lagen die USA vorn, die nun aber in der Gunst der Kanadier deutlich abgerutscht sind. Nur noch 47 Prozent haben zu dem mächtigen Nachbarn im Süden eine insgesamt positive Einschätzung; als „herausragende positive Kraft in der heutigen Welt“ sehen es nur noch elf Prozent. Das ist Platz fünf hinter dem eigenen Land, Deutschland, Großbritannien und Schweden.

Populäres Berlin

„Viele Kanadier haben im Gedächtnis behalten, wie sich Deutschland in der Flüchtlingskrise verhalten hat“, sagt der Meinungsforscher Keith Neuman, Geschäftsführer des Environics Institute in Toronto, das die Umfrage federführend betreute. Die spontane Aufnahme von Asylsuchenden, in Deutschland nach einer Anfangseuphorie durchaus umstritten, kam jenseits des Atlantiks gut an – 44 Prozent der Kanadier sind Einwanderer der ersten oder zweiten Generation. Sie verfolgen Themen wie Migration und Integration traditionell mit großem Interesse, auch über die eigenen Grenzen hinweg. Ohnedies gilt die 37-Millionen-Einwohner-Nation als weltoffen, polyglott, solidarisch und friedliebend. Sie honoriert auch, wie Neuman glaubt, „dass Deutschland versucht, die Europäische Union zusammenzuhalten“. Positiv gerade bei jüngeren Leuten wirke sich die Popularität von Berlin als kultige und im internationalen Vergleich erschwingliche Metropole aus. Neuman weiß, wovon er spricht: „Einer meiner Söhne verbrachte einige Zeit dort und wollte gar nicht mehr zurück.“

Handel verbindet Kanada und Deutschland

Wie geht es mit dem kanadisch-deutschen Verhältnis weiter? Neuman hofft auf eine große Umfrage in beiden Ländern, zusammen mit einer deutschen Organisation. Sie würde umfassender zeigen, wie die Beziehungen diesseits und jenseits des Atlantiks beurteilt werden. Wirtschaftlich sind beide Länder bereits eng verflochten: Deutschland ist Kanadas größter Exportmarkt innerhalb Europas, umgekehrt gehören deutsche Unternehmen zu den wichtigsten Investoren in Kanada. Im vergangenen Jahr trat zudem das Freihandelsabkommen CETA zwischen der Europäischen Union und Kanada in Kraft – und derzeit stemmt man sich gemeinsam gegen US-amerikanische Handelszölle.

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