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Gebrauchsanweisung für Berlin

Brenda Strohmaier, Autorin des Buches „Wie man lernt, ein Berliner zu sein“, spricht im Interview über das Besondere an Berlin.

16.06.2015
© dpa/Schoening Berlin - Berlin feeling

Frau Strohmaier, wieso ist Berlin international so angesagt?

Im Vergleich zu London, New York oder Kopenhagen ist es immer noch günstig. Die Künstler waren ja die ersten, die nach Berlin kamen und fanden es hier unglaublich, weil man preiswerte Ateliers mieten konnte. Dann kam dazu, dass Berlin so viele Freiflächen hatte und zum Teil auch heute noch hat.

Was macht denn das „Berlin-Gefühl“ aus?

Es ist das Gefühl, dass in Berlin mehr möglich ist als in anderen Städten. Berliner behaupten gerne, dass man hier auch nackt herumlaufen könnte, ohne dass jemand davon Notiz nähme.

Nun  verändert sich Berlin sehr stark und es ziehen immer mehr neue Leute hinzu. Geht dadurch nicht dieser Charme verloren? 

Ich glaube nicht. Wenn man in die Geschichte zurückblickt, dann ist Berlin früher schon viel schneller gewachsen als heute. Zwischen 1860 und 1910 zogen drei Millionen Menschen die Stadt und passten sich an. Das gilt auch heute. Dieses Räudige und Lässige, das Berlin hat, das gibt es alles noch. Wir kämpfen hier für Toleranz – diese Haltung wird sich nicht so schnell verlieren.

Kann man lernen, ein Berliner zu sein?

Nicht jeder kann das lernen. Dazu gehört auch, dass man Toleranz als die gute Seite des hier verbreiteten „Scheißegal-Gefühls“ versteht. Aber es gibt Leute, die sich nicht integrieren und immer nur den Dreck in der Stadt sehen oder die vielen Graffitis an den Hauswänden. Wer sich in Berlin dauerhaft wohl fühlen will, muss verstehen, dass die Stadt viele Freiheiten bietet. Man wird toleranter, wenn man hier lebt.

Gibt es einen Ratschlag für Leute, die nach Berlin kommen?

Ich empfehle, sich abseits der touristischen Pfade zu begeben. Einfach in die S-Bahn steigen, irgendwohin fahren und aussteigen. Man sollte zum Beispiel mal in den Südwesten der Stadt, nach Spandau fahren. Dort ist der Anteil an gebürtigen Berlinern sehr hoch. Wenn man sich da in eine Eckkneipe setzt, findet man noch das richtige, ursprüngliche Berlin mit Typen wie „Knatter-Kalle“ und  „Hertha-Harry“.

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