Eine ganz besondere Freundschaft
Frankfurt und Krakau pflegen seit 1991 eine Partnerschaft. Eine zentrale Rolle dabei spielen engagierte Bürgerinnen und Bürger.
Es war ein eindrucksvoller Konvoi, der sich Mitte März auf die 980 Kilometer lange Strecke von Frankfurt am Main nach Krakau machte. Geladen hatten die Lastwagen 16 Transportpaletten mit Hilfsgütern für die Ukraine. Vor allem medizinisches Material hatte die Frankfurter Feuerwehr beschafft, etwa Sets zur Behandlung von Kriegsverletzungen wie Knochenbrüchen oder Verbrennungen. In Krakau wurde die Fracht dann umgeladen und in die Ukraine gebracht, insbesondere nach Kiew und Lwiw, die ihrerseits Partnerschaften mit Krakau unterhalten. Der Konvoi und die Kooperation sind ein Zeichen dafür, wie sich Frankfurter und Krakauer aufeinander verlassen können.
Der Krieg in der Ukraine, der in Krakau natürlich noch viel präsenter ist als in Frankfurt, hat die seit 1991 bestehende Freundschaft zwischen den beiden Städten noch einmal verstärkt. Aber auch in der deutschen Stadt wird viel für Flüchtlinge getan. Doch auch abgesehen von der aktuellen Situation sagt Eduard Hechler: „Die Partnerschaft mit Krakau ist eine ganz besondere.“ Hechler muss es wissen. Der Beamte gilt als Frankfurts Chefdiplomat und ist im Referat für internationale Beziehungen verantwortlich für die 17 Städtepartnerschaften, die die Stadt am Main pflegt. Die Beziehung zu Krakau entstand kurz nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Zu jener Zeit suchten viele deutsche Großstädte Partner in den einst kommunistisch regierten Ländern. So auch Frankfurt. Im Frankfurter Rathaus wurden damals Freundschaftsverträge mit Prag, Budapest und Leipzig geschlossen. Doch das Verhältnis mit Krakau gestaltete sich besonders intensiv, das wurde schnell klar.
Bis heute lebt die Partnerschaft von vielen anscheinend kleinen Aktivitäten, die es oft nicht einmal in die örtliche Presse schaffen, aber dennoch das Verhältnis der Städte stärken. Detailliert aufgeführt sind sie in einem Dokument, das die Stadt Frankfurt im Internet bereithält. Da ist etwa das Fußballturnier anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Stadtteilvereins SV Zeilsheim, das die Zeilsheimer gemeinsam mit der „Polska Akademia Nauk Oddział w Krakowie“ auf ihrer Anlage im Westen Frankfurts ausrichteten. Da ist der Auftritt der Frankfurter Band Walk-a-Tones, die auf Einladung des deutschen Generalkonsulats in Krakau spielte. Und da ist das Straßenfest in der historischen Stolarska in Krakau, zu dem die Stadt Frankfurt einen Koch schickte. Der Mann bereitete bei dem Fest „Grüne Soße“ zu, eine Soße aus sieben bestimmten Kräutern, die in Frankfurt als lokales „Nationalgericht“ gilt. An diesen Veranstaltungen erkenne man, dass die Partnerschaft vor allem von Bürgerinnen und Bürgern getragen werde, die sich in Frankfurt oder Krakau engagierten, sagt Hechler.
Gelebte Partnerschaft trotz Pandemie
Besonders intensiv ist die Beziehung zwischen den Sozialämtern in Frankfurt und Krakau. Regelmäßig tauschen sich die Behörden über aktuelle Projekte aus, etwa in der Jugendarbeit. Sie informieren sich gegenseitig über Initiativen der politischen und kulturellen Bildung oder eröffnen gemeinsam eine Ausstellung über das Älterwerden. Froh ist Eduard Hechler darüber, dass die Partnerschaft die schwierigsten Phasen der Corona-Pandemie überdauert hat. Natürlich mussten auch gemeinsame Veranstaltungen in Krakau und Frankfurt abgesagt werden. Insbesondere das Jubiläum zum 30-jährigen Bestehen der Freundschaft im vergangenen Jahr hätte man gerne größer gefeiert. Aber: Wann immer es möglich war, gab es zumindest Besuche kleinerer Gruppen. Und mittlerweile gibt es auch wieder den Schüleraustausch zwischen Frankfurter und Krakauer Schulen.
Freundeskreis treibt gemeinsame Projekte voran
Wichtig für die Partnerschaft ist der Freundeskreis Frankfurt/Krakau, eine rührige Gesellschaft, die gemeinsame Projekte vorantreibt. Dass die Freundschaft zwischen den Städten gelebt wird, dürfte aber auch daran liegen, dass Frankfurt und Krakau durchaus viel gemeinsam haben. Seit längerem vertritt der Frankfurter Magistrat die These, dass eine Partnerschaft mit riesigen Städten wie New York oder Tokio weniger sinnvoll sei und man sich besser auf Städte der gleichen Größenordnung konzentriert. Und dazu zählt Krakau mit seinen knapp 800.000 Einwohnern. Die Stadt hat eine lange Geschichte, die im Stadtbild präsent ist, sie ist nicht Hauptstadt ihres Landes, spielt aber wirtschaftlich eine große Rolle. Das alles gilt für Frankfurt genauso.
Unter Freunden kann man sich auch kritische Fragen stellen. Als im polnischen Parlament von 2020 an ein Gesetz diskutiert und letztlich auch verabschiedet wurde, das unter anderem die Rechte von Homosexuellen einschränkt, wollten Frankfurter Stadtverordnete von den Entscheidungsträgern in Krakau wissen, wie sie zu dieser Entwicklung stehen. Der dortige Stadtpräsident teilte mit, dass Homosexuelle in Krakau explizit willkommen seien, die Stadt Hass und Diskriminierung gegen Minderheiten verurteile und Antidiskriminierung und Gleichbehandlungsgrundsätze verstärkt Bestandteil der Stadtpolitik werden sollten. Auch wieder eine grundlegende Gemeinsamkeit der beiden Partnerstädte.