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„Neue Strahlkraft entwickeln“

Julia Münch ist neue Generalsekretärin des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin (JDZB). Sie setzt auf neue Formate, um den Austausch noch intensiver zu gestalten.  

Interview: Martin Orth, 13.11.2020
Julia Münch, Generalsekretärin des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin (JDZB)
© JDZB

Julia Münch hat Japanologie, Business Studies und Psychologie studiert und in Betriebswirtschaft promoviert. Sie war zuletzt Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreises.


 

Frau Dr. Münch, Sie haben Ihr Amt als Generalsekretärin in einer Zeit angetreten, in der der deutsche Blick auf Asien von China dominiert wird. Wie würden Sie den Stand der deutsch-japanischen Beziehungen beschreiben?

Japan und Deutschland sind Partner „auf Augenhöhe“. Unsere bilateralen Beziehungen sind traditionell – seit Beginn der Aufnahme diplomatischer Kontakte vor nunmehr knapp 160 Jahren – sehr gut. Wir arbeiten in vielen Bereichen eng zusammen: in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik sowie auch in der Zivilgesellschaft. So gibt es in beiden Ländern mehr als 100 Freundschaftsvereine, wir pflegen Städtepartnerschaften und einen regen Austausch zwischen Hochschulen, Schulen, im Sport, in der Musik- und in der Kunstszene und mehr. Durch das Inkrafttreten des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EU und Japan 2019 ergeben sich außerdem neue Chancen. In einer Zeit voller politischer Unwägbarkeiten, protektionistischer Tendenzen und einer ins Wanken geratenen Weltordnung sind die Pflege und der Ausbau unserer strategischen Wertepartnerschaft womöglich von größerer Bedeutung als je zuvor.

Das Japanisch-Deutsche Zentrum in Berlin-Dahlem
Das Japanisch-Deutsche Zentrum in Berlin-Dahlem © JDZB
Wir bewegen uns aktiv im virtuellen Raum.
Julia Münch, Generalsekretärin des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin (JDZB)

Japan ist in vieler Hinsicht Deutschland ähnlich und könnte ein idealer Partner sein. Wo sehen Sie das größte Potenzial?

Die Potenziale unserer Zusammenarbeit sind mannigfaltig. Insbesondere bei der Gestaltung unserer regelbasierten Weltordnung können Japan und Deutschland mit einer „Allianz für den Multilateralismus“ starke Zeichen setzen. So arbeiten wir vertrauensvoll in den internationalen Organisationen wie der Welthandels- oder der Weltgesundheitsorganisation, bei den G7 und den G20 zusammen und setzen uns gemeinsam für die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ein. Und natürlich können wir zudem auf vielen weiteren Ebenen von- und miteinander lernen.

Daher gibt es auch sehr viele verschiedene Austauschprogramme. Das JDZB organisiert zum Beispiel ein „German-Japanese Young Leaders Forum“, ein „Junior Experts Exchange Program“ für junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Fachprogramme für junge Berufstätige und Auszubildende, für junge Ehrenamtliche wie für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe, das JDZB-„Science Youth Program“ sowie die Teilnahme von deutschen Schülerinnen und Schülern an der japanischen Super Science High School Student Fair.

Dennoch tun sich die Menschen beider Ländern oft schwer, näher zusammenzukommen. Wo liegen die größten Hindernisse?

Neben der geographischen Distanz werden häufig interkulturelle Hürden als Barriere genannt. Das hat natürlich viel mit dem Thema „Sprache“ sowie mit unterschiedlichen Kommunikationsmustern auf beiden Seiten zu tun. Während wir in Deutschland eine ziemlich explizite Ausdrucksweise pflegen, liest man in Japan viel „zwischen den Zeilen“. Dazu kommt, dass Beziehungsgeflechte in Japan für den Außenstehenden auf den ersten Blick oft nicht so leicht durchschaubar sind. Es lohnt sich daher, anfangs Zeit in den Ausbau und die Pflege von Kontakten zu investieren. Ich freue mich jedenfalls, dass wir durch die zunehmende Etablierung von digitaler Zusammenarbeit und Online-Meetings ein ganzes Stück näher aneinanderrücken!

Welche Ziele haben Sie sich für als Generalsekretärin des JDZB gesetzt?

Es ist für mich eine große Ehre, in den Dienst einer so renommierten und potenzialträchtigen Institution berufen worden zu sein. Das JDZB ist ein bilaterales Zentrum, das von den Regierungen beider Länder und dem Berliner Senat großzügig unterstützt wird. Wir verfügen über wunderschöne Räumlichkeiten mit hervorragenden Veranstaltungsmöglichkeiten, großzügige Ausstellungsräume, eine gut ausgestattete Bibliothek sowie einen japanischen Garten. Hochkarätig besetzte Gremien mit einflussreichen Experten der deutsch-japanischen Szene und ein schlagkräftiges, fast 25-köpfiges Team fester Mitarbeiter aus beiden Ländern arbeiten gemeinsam an der Realisierung eines anspruchsvollen Angebots.

Meine Aufgabe wird es sein, das JDZB für die Zukunft „fit“ zu machen und die bestehenden Potenziale bestmöglich zu heben. Wir möchten zentraler Ort der Begegnung sein und auch über unseren Standort in Berlin-Dahlem hinaus Strahlkraft entwickeln. Dazu erarbeiten wir derzeit neue Angebotsformate, kreative Kooperations- und Geschäftsmodelle und bewegen uns aktiv im virtuellen Raum. Ich würde es begrüßen, wenn das JDZB weithin als zentrale Anlaufstelle und Drehscheibe zur Gestaltung unserer bilateralen Beziehungen wahrgenommen wird und wir viele Menschen für die japanisch-deutsche Zusammenarbeit begeistern können.

© www.deutschland.de