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Das große Wachbeben

Mit einer Kampagne möchte eine deutsche Hilfsaktion die Unterstützung für Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien erneut mobilisieren.

Kim BergKim Berg, 07.02.2024
Die Johanniter versorgen Menschen in Syrien mit Mahlzeiten.
Die Johanniter versorgen Menschen in Syrien mit Mahlzeiten. © Johanniter

Schon vor dem Erdbeben im Februar 2023 war das Leben für viele Menschen in Syrien nicht leicht. Der Bürgerkrieg, Terroranschläge, Choleraausbrüche und große Armut lasteten auf ihnen und schwächten die Gesellschaft, vor allem im Norden Syriens. Ein Jahr nach dem großen Erdbeben hat sich die Situation kaum verbessert. In vielen der zu großen Teilen zerstörten Städte läuft der Wiederaufbau nur schleppend. Rund 20 Millionen Menschen leiden laut dem Verein „Aktion Deutschland hilft“ weiter unter den Folgen des Bebens in Syrien und der Türkei. In beiden Ländern leben viele Menschen nach wie vor in Containern, sind auf Lebensmittelhilfe und Kleiderspenden angewiesen. Internationale Organisationen versuchen das Leid zu lindern. Darunter sind auch zahlreiche deutsche Organisationen. Doch auch die Helferinnen und Helfer haben mit Problemen zu kämpfen: Mangelnde Baustoffe, wenige Fachkräfte und die hohe Inflation erschweren den Wiederaufbau.

Fast 240 Millionen Euro Hilfe hat die deutsche Bundesregierung der Türkei und Syrien 2023 zugesagt. Damit ist Deutschland unter den Top drei der wichtigsten Geberländer. Mit dem Geld wurden die Kosten für Such- und Bergungsteams, humanitäre Hilfe und längerfristige zielgerichtete Unterstützung abgedeckt. Auch private deutsche Hilfsorganisationen leisten einen wichtigen Beitrag in den Katastrophengebieten.

Das Leid der Menschen wieder in den Blick rücken

Am Jahrestag des Bebens, dem 6. Februar, startete das Bündnis „Aktion Deutschland hilft“ deshalb eine Kampagne, um den Fokus der Medien und Menschen in Deutschland wieder auf die Hilfe für die Erdbebenopfer zu lenken. „Das große Wachbeben“ nennt sie das Bündnis. Digitale Werbeflächen, Websites, Streaming-Anbieter, Social-Media-Kanäle sowie bekannte TV-Programme zeigen für die Dauer der Erdbeben rüttelnden Content und simulieren so das Beben auf den Bildschirmen. Dadurch möchte „Aktion Deutschland Hilft“ die Menschen in Deutschland auf das Leid in der Türkei und Syrien hinweisen und die Spendenbereitschaft erhöhen.

20 deutsche Hilfsorganisationen haben sich in dem Bündnis zusammengeschlossen, um humanitäre Hilfe in Katastrophengebieten schneller und wirkungsvoller zu koordinieren. Die Hilfen in Syrien und der Türkei sind vielfältig. In den ersten Wochen stand die Bergung von Verschütteten, medizinische Erstversorgung und die Lieferung von Nahrungsmitteln und Trinkwasser im Fokus. Mittlerweile ist die Nothilfe in mittel- und langfristige Projekte übergegangen. Das Bündnisziel in Syrien und der Türkei ist ein Wiederaufbau der Infrastruktur sowie eine langfristige Verbesserung der Lebensbedingungen.

Hilfe auf allen Ebenen

Eines dieser Projekte sind sogenannte „Cash for Work“-Maßnahmen der Hilfsorganisation Johanniter in Nordsyrien. Gemeinsam mit dem lokalen Partner BAHAR unterstützen sie Menschen dabei, durch handwerkliche Tätigkeiten Geld zu verdienen und so ihre Familien zu versorgen. Zusätzlich organisieren die Johanniter Trainings, die Frauen und Männern dabei helfen, ein kleines oder mittleres Unternehmen aufzubauen und so finanziell unabhängig zu werden. Etwas Startgeld sowie begleitende Beratung sind dabei ebenfalls vorgesehen. Zusätzlich hat die Organisation sowohl in Syrien als auch in der Türkei Küchen eingerichtet. Dort erhalten Menschen täglich warme Mahlzeiten.

ADRA unterstützt in Nordsyrien mit Hilfspaketen.
ADRA unterstützt in Nordsyrien mit Hilfspaketen. © ADRA

Die deutsche NGO ADRA unterstützte Betroffene in den syrischen Regionen Latakia, Aleppo und Hama nach dem Erdbeben mit Hygieneartikeln, Windeln für Babys, warmer Kleidung sowie Matratzen und Decken. Um den Menschen wieder Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen, haben Helfende der Organisation Wassertanks und Wassernetze repariert.

AWO International hilft beim Wiederaufbau und bietet psychosoziale Unterstützung.
AWO International hilft beim Wiederaufbau und bietet psychosoziale Unterstützung. © AWO International

Seit Juni 2023 fördert AWO International gemeinsam mit der syrischen Organisation SARD den Wiederaufbau zerstörter Häuser in Nordsyrien. Betroffene erhalten beispielsweise finanzielle Unterstützung beim Wiederaufbau ihrer Wohnungen. Auch Gemeinschaftseinrichtungen werden durch die Organisationen repariert. Ein weiterer Fokus von AWO International liegt auf der psychosozialen Unterstützung der Bevölkerung. Dabei achtet die Organisation besonders darauf auch Minderheiten, Menschen mit Behinderung und Frauen mit ihrer Hilfe zu erreichen.

Help – Hilfe zur Selbsthilfe möchte Kindern und Jugendlichen durch Stipendien Zukunftsperspektiven geben.
Help – Hilfe zur Selbsthilfe möchte Kindern und Jugendlichen durch Stipendien Zukunftsperspektiven geben. © Help – Hilfe zur Selbsthilfe

Einen besonderen Schwerpunkt auf psychosoziale Unterstützung setzt auch Help – Hilfe zur Selbsthilfe. In Syrien arbeitet sie mit Kindern und Jugendlichen und hilft ihnen dabei, die schrecklichen Ereignisse zu verarbeiten. In der Türkei unterstützt sie Kinder durch Stipendien und ermöglicht ihnen so einen Zugang zu Bildung und pädagogischer Betreuung.