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Merkels Wegbereiter

Bei Lars-Hendrik Röller laufen viele Fäden zusammen: Er ist „Sherpa“ der Bundeskanzlerin für den G20-Gipfel.

Andreas Mihm, 04.07.2017
© dpa - Lars-Hendrik Röller

Deutschland. Im Himalaya tragen die Sherpas Bergsteigern das Gepäck ins Gebirge, schlagen die Zelte auf und bereiten die Mahlzeiten zu. Quartiermeister der Bundeskanzlerin ist Lars-Hendrik Röller nicht. Und doch ist er ihr „Sherpa“. Der hochgewachsene Mann mit dem grauen Vollbart bereitet den Weg zum Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie der Europäischen Union, den Angela Merkel am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg ausrichtet.

Seit sechs Jahren ist der Wirtschaftsprofessor, der wenige Tage nach dem Gipfeltreffen 59 Jahre alt wird, Abteilungsleiter für Finanz-, Wirtschafts- und Energiepolitik im Bundeskanzleramt. Damit verbunden ist der Titel des „Persönlichen Beauftragten der Bundeskanzlerin für die G7- und G20-Gipfel“. Der Posten bringt mehr Arbeit als Ruhm mit sich. Vor allem, wenn solche Gipfel in schneller Folge im eigenen Land stattfinden: 2015 der G7-Gipfel in Elmau in Bayern, jetzt G20 in Hamburg. Hunderte Telefonkonferenzen, Dutzende Besuche in aller Welt hat Röller absolviert. Positionen müssen ausgelotet, Papiere abgestimmt werden. Was geht mit wem, wer geht wie weit? Bei Röller laufen die Fäden zusammen.

Weltgewandt und sprachkundig

Merkel weiß, was sie an ihrem weltgewandten, sprachkundigen Berater hat. Hier ein kurzes, bekräftigendes Nicken, da ein verschmitztes Lächeln – auch die wortlose Kommunikation funktioniert. Im Hintergrund fühlt sich der dreifache Familienvater wohler als vor Fernsehkameras. Nicht er, sondern die Kanzlerin soll im Glanz stehen.

Sein Start als wissenschaftlicher Quereinsteiger war nicht leicht. Doch Röller hat bald gelernt, mit den Fallstricken des internationalen Politikbetriebs umzugehen. Der Sohn des früheren Vorstandschefs der Dresdner Bank wurde in den USA als Ökonom geschult. Später forschte und lehrte er in Fontainebleau bei Paris, in Barcelona und Stanford. Ab 1995 unterrichtete er Industrieökonomie an der Berliner Humboldt-Universität.

2003 kam es zu einem ersten Abstecher in die Politik als Berater der EU-Kommission. Merkel wurde bei Debatten im Kanzleramt auf ihn aufmerksam. 2006 kehrte er nach Berlin zurück in die Leitung einer privaten Hochschule, später wechselte er ins Kanzleramt. Dass er seinen Hang zum Professoralen dort nicht abgelegt hat, merkt Röller zuweilen selbstironisch an.

Effektiv arbeitet Röller dennoch: Der G7-Gipfel von Elmau, der zweite in Deutschland unter Merkels Führung, ist als besonders ertragreich in Erinnerung. Nach einer Messung der Universität von Toronto seien 84 Prozent der Verabredungen eingehalten worden, was den Wissenschaftler zufolge Platz zwei in nunmehr vier Jahrzehnten Gipfeltreffen bedeute. War der Gipfel von Elmau die politische Gesellenprüfung des Professors Röller, dann soll der G20-Gipfel in Hamburg sein Meisterstück werden.

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