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„Religionen als Partner auf Augenhöhe“

Einsatz für Frieden: Warum Religionen Einfluss haben und wie die Politik davon profitieren kann, erklärt Pater Nikodemus, Berater im Auswärtigen Amt.

Interview: Sarah Kanning, 14.08.2019
Pater Nikodemus, Berater im Auswärtigen Amt
Pater Nikodemus, Berater im Auswärtigen Amt © dpa

Pater Nikodemus, seit 2018 beraten Sie das Auswärtige Amt im Referat „Religion und Außenpolitik“. Eigentlich leben Sie als Mönch in einer Benediktiner-Abtei in Jerusalem. Was brachte Sie nach Berlin?
Das Referat hatte einen Vorläufer, den Arbeitsstab „Friedensverantwortung der Religionen“. Er organisierte 2017 und 2018 große Netzwerktreffen von Religionsakteuren, an denen ich auch teilnehmen durfte. Daher kannte ich die Arbeit des Auswärtigen Amts, und das Auswärtige Amt, besonders die Abteilung für Kultur und Kommunikation, kannte meine Expertise.

Sie tragen auch im Dienst das Benediktinergewand, den Habit?
Ja – und dadurch komme ich oft mit Diplomatinnen und Diplomaten ins Gespräch. Sie sind neugierig, was ich als Mönch im Auswärtigen Amt mache und wie das neue Referat arbeitet. Damit wächst auch die Sensibilität für das Thema Religion als außenpolitischer Faktor.

Religionsvertreter sind vielleicht sogar die größten transnationalen Akteure unserer Zeit.
Pater Nikodemus

Auf den ersten Blick verwundert es, dass sich Außenpolitik mit Religion beschäftigt…
Das Thema Religion ist seit den Terroranschlägen am 11. September 2001 stark ins Bewusstsein gerückt – allerdings mit dem Tenor „Religion als Konflikttreiber“. Später wurde Religion dann oft über die Opfer thematisiert, also beispielsweise über verfolgte Jesiden, Rohingya, Christen im Nahen Osten, über Antisemitismus, Islamophobie. Lange wurden die Begriffe „Religion“ und „Problem“ in einem Atemzug genannt. Der Arbeitsstab „Friedensverantwortung der Religionen“ rückte das große Friedenspotenzial von Religionen ins Bewusstsein. Ziel war und ist es, religiöse Akteure in Friedenserziehung, Mediation und Medienwirksamkeit als Partner auf Augenhöhe ernst zu nehmen. Inzwischen sind wir noch einen Schritt weiter: Das Referat sucht den Dialog mit Religionsvertretern zu allen gesellschaftlich wichtigen Themen, welche die gemeinsame Zukunft unserer Menschheit und unseres Planeten betreffen, denn Religionsvertreter sind wichtige Multiplikatoren.

Warum sind Religionsakteure so wichtige Ansprechpartner?
In Deutschland wird das Thema Religion eher kritisch betrachtet. Weltweit sieht das anders aus: 84 Prozent der Weltbevölkerung gehören einer Religion an. In vielen Ländern vertrauen die Menschen den Religionsvertretern mehr als den Politikern. Zum Beispiel sagt in Simbabwe nur jeder fünfte, dass er der Politik vertraue. Die Kirche genießt hingegen großes Vertrauen der mehrheitlich christlichen Bevölkerung. Religionsvertreter sind vielleicht sogar die größten transnationalen Akteure unserer Zeit. Religion macht an keiner Landesgrenze Halt.

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Das Auswärtige Amt unterstützt die Vorbereitungen zur großen Weltversammlung der Organisation „Religions for Peace“ in Lindau. Was erhoffen Sie sich von dem Treffen?
Allein das Treffen an sich ist ein starkes Statement. Mehr als 900 Religionsvertreter aus mehr als 100 Ländern kommen vom 19. bis 23. August in Lindau zusammen. Etwa ein Drittel der Gäste sind Frauen und junge Gläubige. Sie vernetzen sich bei einer Vorkonferenz, sprechen aber auch auf den Podien – so wird ihre Stimme prominent gehört. Frauen und junge Menschen haben einen anderen Blick auf die Welt und auf Religion, doch sie werden in der Debatte oft marginalisiert. Hier gibt es großen Nachholbedarf.

Pater Dr. Nikodemus Schnabel, Jahrgang 1978, stammt aus einer Künstlerfamilie und kam früh mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen in Kontakt. Geboren in Stuttgart, studierte er in Fulda, Jerusalem, München, Münster und Wien. 2003 trat er in die Dormitio-Abtei in Jerusalem ein, eine deutschsprachige Benediktinerabtei auf dem Berg Zion, welche er von 2016 bis 2018 leitete.

www.dormitio.net

www.religionsforpeace.org

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