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Vielfältiges Umweltbewusstsein

Die Städtepartnerschaft Erlangen-Wladimir verfolgt zahlreiche ökologische Ziele.

25.03.2014
© Peter Steger - Städtepartnerschaft

Weil sich die Bewohner Erlangens oft aufs Rad schwingen, schmückt sich die fränkische Universitätsstadt gerne mit dem Titel „Bayerns Fahrradhauptstadt“. Und was in Franken funktioniere, müsse doch auch in Russland möglich sein – das dachten sich zumindest die Stadtoberen Erlangens. Und so schieben sie in ihrer 2500 Kilometer entfernten Partnerstadt Wladimir derzeit ein Projekt an, das für deren rund 350 000 Einwohner noch seltsam anmuten mag: den Bau eines Radwegs. Seit 2013 verbindet ein erster, sechseinhalb Kilometer langer Abschnitt Universitätsstandorte in Wladimir. „Dieses Jahr soll der Radweg noch erweitert werden“, sagt Peter Steger, der in der Stadtverwaltung Erlangens arbeitet.

Steger betreut die Städtepartnerschaften Erlangens. Insgesamt 13 Kooperationen hat Erlangen vorzuweisen, von Shenzhen in China über das schwedische Eskilstuna bis zu Riverside im US-Bundesstaat Kalifornien. „Die Städtepartnerschaft mit Wladimir, die 1982 an den Start ging, ist die aktivste“, urteilt Steger. Mehr als 100 Austauschmaßnahmen gebe es pro Jahr. In Wladimir, rund 170 Kilometer nordöstlich von Moskau, bietet das Erlangen-Haus Deutschunterricht an. In dem Begegnungszentrum treffen sich regelmäßig Kulturschaffende, Sportler, Wissenschaftler und Unternehmer aus beiden Städten. Immer mehr rücken aber Umweltthemen in den Fokus.

„Anfang der 1990er-Jahre“, erinnert sich Steger, „haben wir das bereits versucht, damals sagte man uns aber, es gebe dringendere Probleme.“ Mittlerweile hat sich das geändert: „Die Umwelt ist deutlich stärker ins Bewusstsein der Menschen in Wladimir gerückt.“ Es gebe viele Umweltinitiativen und Diskussionen, etwa darüber, ob in der Nachbarregion ein Atomkraftwerk gebaut werden solle. Die Proteste gegen das geplante AKW in Monakowo hat Peter Steger in dem Blog erlangenwladimir.wordpress.com wohlwollend begleitet. Und auf diesem Weg auch Nikolai Winogradow. den langjährigen Gouverneur der Region Wladimir, unterstützt.

Als wichtiges Projekt der Städtepartnerschaft gilt die Zusammenarbeit des Erlanger Eigenbetriebs Stadtentwässerung mit Gorwodokanal, dem Trinkwasserversorger Wladimirs. Seit mehr als 20 Jahren kooperieren die Betriebe auf dem Gebiet der Gewässerreinhaltung. Erlangen schickte Hebepumpen, Schaltanlagen und Aggregate nach Russland und empfing Wasserversorgungsexperten aus Wladimir. Die Fachleute modernisierten so ihr Klärwerk und luden die Erlanger Kollegen zum Gegenbesuch ein. „Das Klärwerk in Wladimir zählt mittlerweile zu den sehr gut ausgerüsteten Werken in Russland“, sagt Peter Steger. Die Partnerschaft fördert aber auch andere, unscheinbarere Initiativen, etwa für den Erhalt von Grünanlagen. Nadezhda Oblowatskaja, die eine Organisation zum Schutz alter Bäume in Wladimir leitet, klagt: „30 Prozent des Bestandes sind in den letzten Jahren der Bauwut zum Opfer gefallen; Allee um Allee verschwindet!“ Die Partnerschaft mit Erlangen liefere aber bereits wertvolle Impulse für einen besseren Schutz der Bäume.

Die Entwicklung im Umweltbereich sieht Peter Steger noch nicht am Ende: „Von Erlanger Seite aus würden wir das gerne noch ausbauen, wollen aber natürlich nicht drängeln.“ Zum Beispiel beim Thema Müll und Recycling. Gerade sei eine der größten Mülldeponien in Wladimir geschlossen worden. Deshalb habe Erlangen ein Konzept zum Müllmanagement vorgeschlagen, das die Abfallbelastung reduzieren könnte.

Das Engagement Wladimirs für mehr Umweltschutz trägt Früchte. Laut einer aktuellen Studie des russischen Ministeriums für natürliche Ressourcen und Ökologie, das Luftreinhaltung, Wasserqualität, Abfallbehandlung, Flächennutzung, Verkehr, Energieverbrauch und Umweltschutzmaßnahmen in mehr als 80 regionalen Hauptstädten in Russland untersuchen ließ, liegt Wladimir auf Platz 18 – fünf Plätze besser als bei der vorangegangenen Erhebung. „Wenn Wladimir weiter so in Fünfmeilenstiefeln nach oben wandert, hat die Stadt in einigen Jahren zur Spitze aufgeschlossen“, freut sich Peter Steger. ▪

Benjamin Haerdle