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Roadmap für mehr Wachstum

In Afrika soll eine Freihandelszone entstehen. Was sie für deutsche Unternehmen bedeutet und wie weit die Pläne vorangeschritten sind, erklärt Afrika-Experte Heiko Schwiderowski.

Interview: Martin Orth, 22.01.2020
Highway in Namibia
Highway in Namibia © Shutterstock

Herr Schwiderowski, das Großprojekt „Afrikanische Freihandelszone“ könnte bald Realität werden. Wie ist der Stand?
Nach 17 Jahren intensiver Vorbereitung ist Anfang Juli 2019 das afrikanische Freihandelsabkommen gestartet. Es regelt die Errichtung einer afrikanischen Freihandelszone, auf deren Basis ein afrikanischer Binnenmarkt entstehen soll. 54 Länder sind dem Abkommen beigetreten, nur Eritrea verweigerte der Vereinbarung seine Unterschrift. Fast 30 Länder haben das Abkommen inzwischen auf nationaler Ebene ratifiziert. Mit einem Markt von rund 1,2 Milliarden Menschen wäre das die größte Freihandelszone weltweit. Nun müssen die Vereinbarungen umgesetzt werden.

Heiko Schwiderowski, Afrika-Experte beim DIHK
Heiko Schwiderowski, Afrika-Experte beim DIHK © Paul Aidan Perry

Warum ist die Initiative so wichtig, welches Potenzial birgt die Freihandelszone für die afrikanischen Länder?
Der Handel der afrikanischen Länder untereinander beträgt gerade einmal 16 Prozent ihres Gesamthandels.  Zum Vergleich: In Europa beträgt der intra-kontinentale Handel rund 69 Prozent. Da ist also noch viel Luft nach oben. Ob es tatsächlich gelingt, dieses Potenzial zu heben, wird davon abhängen, wie schnell das Abkommen von allen beteiligten Staaten umgesetzt wird und ob es auch für alle Sektoren in den Bereichen Handel und Dienstleistungen Gültigkeit besitzt.

Welche Chancen und Potenziale eröffnet eine Afrikanische Freihandelszone für Handelspartner in  Deutschland?
Laut World Business Outlook, einer weltweiten Umfrage der Deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) von November 2019 unter 3.700 deutschen Unternehmen, rechnen 58 Prozent der Betriebe mit besseren Geschäften in den kommenden zwölf Monaten auf dem afrikanischen Kontinent. Dieser überdurchschnittlich gute Wert zeigt das hohe Potenzial der afrikanischen Märkte für deutsche  Unternehmen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Symbolkraft der Vereinbarung über die Freihandelszone: Die Aussicht auf einen Binnenmarkt stärkt aus Sicht unserer Unternehmen die Hoffnung auf wettbewerbsfähigere afrikanische Volkswirtschaften, zum Beispiel durch stärkere afrikanische Direktinvestitionen oder eine bessere grenzüberschreitende Arbeitsteilung.

Namibia hat sich erfolgreich als Tor für Warenlieferungen in die gesamte Region positioniert.
Heiko Schwiderowski, Afrika-Experte beim DIHK

Welche Hindernisse gilt es noch zu überwinden?
Wie uns die AHKs in Afrika berichten sind die Erfahrungen der regionalen Integration bisher alles andere als ermutigend, wie beispielsweise in Ostafrika: Nach wie vor kann ein deutsches Unternehmen von Nairobi aus nur mit großem Aufwand seine Geschäftspartner in Tansania oder Uganda beliefern – und das, obwohl die East African Community bereits seit 20 Jahren existiert und als einheitlicher Standort um Investitionen wirbt. Ein gutes Beispiel hingegen finden wir im südlichen Afrika: Dort hat sich Namibia erfolgreich als Tor für Warenlieferungen in die gesamte Region positioniert – über moderne und leistungsstarke Verkehrswege und zügige Abwicklungen an den Grenzposten mit den Nachbarstaaten, beispielsweise nach Südafrika. Davon profitieren auch deutsche Unternehmen.

Neben den tarifären Rahmenbedingungen der Afrikanischen Freihandelszone gilt es aus Sicht der Wirtschaft also auch, die grenzüberschreitende Infrastruktur zwischen den afrikanischen Ländern anzugehen: Die Befreiung von Zöllen und anderen nicht-tarifären Handelshemmnissen nützt wenig, wenn der Handel im grenzüberschreitenden Bereich auf schlechten Verkehrswegen stattfindet. Hier gibt es in den meisten afrikanischen Ländern noch viel zu tun.

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