„Der deutsche Mittelstand beeindruckt mich besonders“
Der IT-Experte Santhosh Jayaprakash hat in Berlin mehrere Startups gegründet. Was sind seine Eindrücke – und Tipps?

Herr Jayaprakash, was hat Sie nach Berlin geführt?
Meine Frau ist Deutsche, arbeitet auch im IT-Bereich. Sie sagte: „Ich habe vier Jahre mit dir in deinem Heimatland verbracht, jetzt ist es Zeit, mein Land zu entdecken.“ Unsere Tochter geht inzwischen in eine Berliner Kita. Die Stadt ist für uns ein Zuhause geworden.
Was hat Sie überzeugt, dass Ihr Geschäft in Deutschland gut anlaufen würde?
Aus meiner Sicht hat Deutschland einen der stärksten Märkte für Cloud- und Digitallösungen. Unternehmen hier suchen nach sicheren, skalierbaren Systemen, und das passte perfekt zu dem, was ich bereits aufgebaut hatte. Für mich war schnell klar: Das ist nicht nur ein persönlicher Umzug, sondern auch eine große berufliche Chance.
Wie lief die Gründung Ihres Startups?
Insgesamt gut. Aber die Hürden für Startups in Deutschland sind hoch. Anwälte, Steuerberater, Bankkonten – alles kostet Zeit und Geld. Ich habe früh viel in professionelle Beratung investiert, auch um die Bürokratie schneller zu bewältigen.
Welche Tipps würden Sie jungen Gründerinnen und Gründern geben, die hier starten?
Sprachkenntnisse sind hilfreich, vieles läuft hier eher auf Deutsch als auf Englisch. Es ist wichtig, die Gepflogenheiten zu kennen und gleichzeitig internationale Netzwerke zu nutzen, die Berlin so dynamisch machen.
Wo sehen Sie die größten Stärken der deutschen Wirtschaft?
Der Mittelstand beeindruckt mich besonders – es gibt Weltmarktführer, die aus kleinen Dörfern kommen. Ihre Tiefe an Wissen und technischer Expertise ist herausragend.
Was können Menschen in Deutschland vom Mindset der Inderinnen und Inder lernen?
Ich sehe in meinem Heimatland ein höheres Maß an Flexibilität. Wir können uns blitzschnell auf neue Situationen einstellen, weil vieles noch nicht reibungslos funktioniert. Ich nenne oft das Beispiel des liegengebliebenen Autos. In Deutschland ruft man den Pannendienst – und Hilfe kommt zuverlässig. Wenn in Indien ein Auto liegen bleibt, öffne ich die Motorhaube und winke Menschen am Straßenrand heran. Oft packen alle gemeinsam an, bis das Auto wieder läuft.
Die Work-Life-Balance hier ist einzigartig. Menschen können von 9 bis 17 Uhr arbeiten und haben dann wirklich Zeit für die Familie.
Dass bestimmte Dinge in Deutschland institutionalisiert sind, hat ja auch Vorteile…
Absolut. Die Work-Life-Balance hier ist einzigartig. Menschen können von 9 bis 17 Uhr arbeiten und haben dann wirklich Zeit für die Familie. Alles ist strukturierter und berechenbarer, was das Leben verlässlicher macht.
Wie Expat-freundlich ist Berlin?
Als wir eine Wohnung suchten, hatte meine deutsche Frau mit ihrer Bewerbung mehr Erfolg als ich. Aber Berlin ist definitiv international, Englisch funktioniert im alltäglichen Leben problemlos. Die Stadt hat eine lebendige internationale Community und bietet unzählige Möglichkeiten, Menschen aus aller Welt kennenzulernen.