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KI aus Deutschland: Europas smarte Alternative

Deutsche KI-Unternehmen setzen auf spezialisierte Lösungen statt Großmodelle – und sind damit international erfolgreich. 

Klaus LüberKlaus Lüber , 02.06.2025
Künstliche Intelligenz zählt zu den Top-Themen der deutschen Wirtschaft.
Künstliche Intelligenz zählt zu den Top-Themen der deutschen Wirtschaft. © iStock

„Wir müssen endlich das Warmmachen beenden und mit dem Rennen beginnen.“ So äußerte sich Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsführung des deutschen Digitalverbands Bitkom, kürzlich zu einer Entwicklung, die KI-Entwickler weltweit aufhorchen ließ: Das chinesische Unternehmen DeepSeek veröffentlichte ein sogenanntes Basismodell, das mit wesentlich weniger Ressourcen auskommt als die aktuellen Top-Systeme aus den USA. Normalerweise müssen solche Modelle mit einer Unzahl an Daten über lange Zeit trainiert werden. „DeepSeek zeigt, dass der KI-Markt noch viel dynamischer ist als angenommen, dass weder die Sieger noch die Verlierer schon feststehen – und dass es noch lange kein KI-Monopol in den USA gibt“, so die Digitalexpertin Dehmel. Für die Diskussion um digitale Souveränität in Deutschland und Europa sei das eine gute Nachricht. 

Susanne Dehmel vom Digitalverband Bitkom
Susanne Dehmel vom Digitalverband Bitkom © picture alliance/dpa/Bitkom

Kleiner und effizienter 

Wie hat DeepSeek das geschafft? Für Kristian Kersting ist der Überraschungserfolg aus China ein Indiz dafür, dass Größe allein keine Voraussetzung für qualitativ erstklassige Ergebnisse ist. Kersting ist Professor für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen am Fachbereich Informatik der Technischen Universität Darmstadt und einer der führenden KI-Experten Deutschlands. Er meint: „Man zerlegt die Aufgabe in Teilbereiche und passt die KI an deren Schwierigkeit kann. Die Rechenaufgabe 2 plus 2 benötigt ja nicht so viel Kapazität wie die Frage nach der Lösung der Klimakrise.“ 

Partnerschaften mit lokalen Firmen 

Das rückt auch eine auf den ersten Blick ernüchternde Nachricht in ein anderes Licht: Im September 2024 wurde bekannt, dass Aleph Alpha, das wohl bekannteste deutsche KI-Startup und einer der Hoffnungsträger im Wettlauf um die besten großen Basismodelle, eben aus diesem Kräftemessen aussteigt. Stattdessen wolle man sich auf kleinere Modelle für spezifische Anwendungsbereiche konzentrieren, so Aleph-Alpha-Chef Jonas Andrulis. Genau dieser Ansatz könnte sich mittelfristig auszahlen. Auch das französische Unternehmen Mistral, neben Aleph Alpha einer der KI-Hoffnungsträger auf europäischer Ebene, geht diesen Weg. Und das durchaus erfolgreich: Immer mehr europäische Unternehmen, so Mistrals CEO Arthur Mensch, wollen Partnerschaften mit lokalen Firmen eingehen. Aleph Alpha kooperiert bereits erfolgreich mit dem deutschen Mittelstand. „Letztlich geht es ja auch darum, solche Modelle zu monetarisieren, also konkret nutzbar zu machen. Und das ist ein Weg, den wir in Deutschland und Europa konsequenter gehen als anderswo“, sagt KI-Professor Kersting. 

200 Milliarden Euro für KI in Europa 

Seit dem KI-Gipfel in Paris im Februar 2025 steht der KI-Entwicklung in Deutschland und Europa nun auch deutlich mehr Kapital zur Verfügung, das für die Entwicklung von KI-Modellen dringend benötigt wird. Bis zu 200 Milliarden Euro will die EU künftig in die KI-Entwicklung auf dem Kontinent investieren.  

Führende KI-Startups aus Deutschland 

Das könnte auch einer ganzen Reihe von deutschen KI-Firmen zugutekommen, die bereits heute international mithalten können. Celonis, eine Ausgründung der Technischen Universität München, wird derzeit mit einem zweistelligen Milliardenbetrag bewertet. Das Unternehmen hilft Firmen, Geschäftsprozesse zu analysieren und zu optimieren. Das Startup Black Forest Labs ist weltweit führend in der KI-Generierung von Bildern und baut auf den Forschungsergebnissen von Björn Ommer auf, einem international anerkannten KI-Spitzenforscher der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Und das Münchner Rüstungsunternehmen Helsing gilt als eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen für Verteidigungstechnologie Europas und ist mit fünf Milliarden Euro bewertet. Das Rennen hat also vielleicht doch schon begonnen.