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„Fit für die 
globalisierte
 Welt“

Die Deutschen Auslandsschulen erziehen die Weltbürger von morgen. Ein Gespräch über Erfolge und Zukunftspläne

访谈:Brigitte Spitz, 08.08.2014
© BVA - Joachim Lauer

Herr Lauer, warum sind Deutsche Auslandsschulen besonders wertvoll?

Sie sind multikulturelle Erziehungseinrichtungen, die das Beste aus allen Systemen zusammentragen und die nie nur nationale Ziele verfolgen. Sie sind offen für alles, was den Kindern guttut. Alle Schülerinnen und Schüler, die von uns betreut werden, sind nicht nur bilingual, sondern auch multikulturell schulisch sozialisiert. Damit erreichen sie eine Qualifikation, die sie fit macht für das Zeitalter der Globalisierung. Die jungen Leute können nach Deutschland kommen, wenn sie wollen, und können nicht nur die deutsche Sprache verstehen – sie verstehen Deutschland. Sie können wertvolle Brückenbauer sein und Verbindungen in beide Richtungen schaffen. Zitiert wird gerne das mexikanische Kabinett, von dem zeitweise vier Minister als Kinder die Deutsche Alexander von Humboldt-Schule besucht hatten. Die schulische Sozialisation geht sehr tief, das kennen wir alle.

Was entgegnen Sie jenen, die Auslandsschulen nur als Bildungseinrichtungen für Expats und eine Oberschicht sehen?

Nur etwa ein Fünftel der Schüler auf den Auslandsschulen sind deutsch. Fast vier Fünftel sind einheimische Schüler. Aber natürlich müssen wir für die deutschen Familien im Ausland ein Angebot bieten. Gerade hat uns eine große deutsche Firma um Hilfe gebeten, weil sie ohne schulische Betreuung kaum Mitarbeiter für einen wichtigen Standort in China gewinnen kann. Andererseits wollen wir auch Menschen in den Gastgeberländern ansprechen, die bildungsbewusst sind. Das müssen sie sein, denn Jungen und Mädchen, die auf die deutsche Schule kommen, machen in der Regel das deutsche Abitur. Generell stellen wir fest, dass die Schüler Deutscher Auslandsschulen sehr leis­tungsmotiviert sind und später oft herausragende Positionen annehmen. Und das nicht nur, weil ihre Eltern häufig dem gehobenen Mittelstand angehören. Denn an allen Schulen gibt es Modelle sozialer Integration, etwa die sogenannten neuen Sekundarstufen. Dort nehmen die Schulen gezielt Kinder auf, deren Eltern die Schulgelder nicht bezahlen können. Beim Blick auf ihre Leistungskurve stellen wir fest: Sie sind meistens super. Es ist eine Bildungselite, die an den Deutschen Auslandsschulen gefördert wird, keine Geldelite.

Und wie sieht es nach dem Schulabschluss aus?

Es gibt zwar noch keine belastbare Erhebung, aber wir bekommen Rückmeldungen aus der deutschen Hochschullandschaft – wir arbeiten sehr eng mit dem DAAD zusammen, der im Rahmen der Partnerschulinitiative Vollstipendien vergibt. Die Rückmeldungen sind großartig. Generell kann man sagen, dass Absolventinnen und Absolventen der Deutschen Auslandsschulen und der Sprachdiplom-Schulen (DSD) einen signifikanten Studienerfolg in Deutschland zeigen. Unsere Alumni studieren in der Regel erfolgreich – auch in anderen Ländern.

Es gibt politische Signale, dass Deutsche Auslandsschulen auch verstärkt in der dualen Berufsausbildung arbeiten sollen. Ist das realistisch?

Duale Ausbildung ist ja im Auslandsschulwesen nichts Neues. Das gibt es schon seit Jahrzehnten mit dem Schwerpunkt Lateinamerika, dort sind Berufsbildungszentren direkt an die Deutschen Schulen angegliedert. Und in Spanien gibt es eigenständige Berufsschulen, die FEDA-Berufsschulen in Madrid und Barcelona. Aber es ist nicht immer ganz einfach, denn duale Ausbildung ist in vielen Ländern noch unbekannt, und die Kopplung an die deutsche Sprache ist anspruchsvoll. Wir müssen sehr genau schauen, wie viele Betriebe im Ausland eine duale Ausbildung wollen und sie tragen können. Ich halte es aber für ein sinnvolles Ziel. Unsere Arbeit in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ist geprägt durch die Förderung der deutschen Sprache, doch in der beruflichen Bildung müssen wir uns fragen, wie viel Deutsch etwa bei gewerblich-technischen Berufen notwendig ist. Wir sind dabei, Konzepte mit einem reduzierten Deutsch­anteil zu erarbeiten, um nicht schon von vornherein durch einen zu hohen Sprach­anteil eine Barriere aufzubauen. Und das gesamte System muss sorgfältig organisiert werden. Es bedarf nicht nur des politischen Auftrags, es muss auch die Garantie geben, dass die Haushaltsmittel dauerhaft zur Verfügung stehen.

Stichwort: besondere Herausforderungen. Welche Rolle spielen Deutsche Auslandsschulen in Transformationsgesellschaften?

Deutsche Schulen sind Institutionen, die mitunter schon mehr als 100 Jahre alt sind. Das ist ihre Stärke. Deutsche Schulen sind keine Projekte, die auf irgend­eine politische Situation kurzfristig reagieren. Wir können aber mit unserer Arbeit Impulse stärken und auf der Qualität der tradierten Schulen aufbauen. Beispiel Ägypten: Dort hatten wir drei große Deutsche Schulen mit einem Ruf ins ganze Land hinein und viele Alumni, die vom Besuch dort profitiert haben. Das prägte sie so, dass einige selbst eine Deutsche Schule gegründet haben, weil die bestehenden nicht ausreichten, um den Bedarf zu decken. Wir haben bei der Partnerschulinitiative das Interesse aufgegriffen und konnten schon vor dem Arabischen Frühling weitere Schulen in den Kreis der Deutschen Auslandsschulen aufnehmen. Ägypten ist jetzt ein Schwerpunktland. Die Wirkung der deutschen Schulen ist also langfristig, es ist eine Erziehung, die auf Demokratie und Werten basiert.

Ein Blick nach vorn: Wie geht es weiter mit den Deutschen Auslandsschulen?

Die enorme Aufwärtsbewegung, die wir seit der Partnerschulinitiative erleben, wird weitergehen. Seit 2008 haben sich allein die Schulen mit Deutschem Sprachdiplom auf 1100 verdoppelt. Bei den Deutschen Auslandsschulen und DSD-Schulen betreuen wir mit rund 430 000 eine Schülerzahl, die etwa der von Rheinland-Pfalz entspricht. Das 17. Bundesland ist im Schulbereich das Auslandsschulnetz. Beim Weltkongress der Deutschen Auslandsschulen im Mai 2014 in Berlin 
hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wieder gezeigt, wie sehr er uns unterstützt. Das gilt auch für den Unterausschuss „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ des Deutschen Bundestags. Aber wir können uns nicht auf den Erfolgen ausruhen. Wir müssen an der Qualitätsentwicklung weiterarbeiten, unsere Schulen müssen auch weiterhin zu den besten gehören. Und wir werden dafür Sorge tragen, dass die soziale Komponente nicht in den Hintergrund gerät. Wir müssen auch den Bereich des inklusiven, des integrativen Lernens weiter voranbringen. Damit die Deutschen Auslandsschulen auch wirklich als Gemeinschaftsschulen begriffen werden. ▪