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Innovativ und chancenreich

Drei afrikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erzählen, warum der Forschungsstandort Deutschland für sie attraktiv ist.

Bettina Mittelstraß, 30.08.2021
International und interdisziplinär: Arbeiten am Forschungsstandort Deutschland
International und interdisziplinär: Arbeiten am Forschungsstandort Deutschland © anyaivanova/Shutterstock

Der internationale wissenschaftliche Austausch zwischen Deutschland und den afrikanischen Ländern wächst beständig und wird von der deutschen Bundesregierung vorangetrieben. Wichtige Impulsgeber sind die 2014 aufgelegte Afrika-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und die 2019 erneuerten afrikapolitischen Leitlinien des Bundes.

Zusammenarbeit und Networking

Zu den wichtigen Zielen Deutschlands gehört die Stärkung von Netzwerken zur Forschungs- und Wissenschaftskooperation mit Afrika. Dafür können afrikanische Forscherinnen und Forscher an wissenschaftlichen Projekten auch in Deutschland arbeiten – unterstützt von deutschen Förderorganisationen. Zu ihnen gehören beispielsweise die weltweit größte Förderorganisation für den internationalen wissenschaftlichen Austausch, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), aber auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Alexander von Humboldt-Stiftung, die zuletzt 2021 gemeinsam mit der Bayer Foundation neue Fördermöglichkeiten bis 2027 ausgeschrieben hat.

 Drei unterschiedlich geförderte Forscherinnen und Forscher aus Afrika berichten für uns von ihrer Forschungsarbeit und ihren Erfahrungen in Deutschland.

 Ernährungssicherheit für Afrika

Sanmi Akintayo, Doktorand an der Universität Hohenheim
Sanmi Akintayo, Doktorand an der Universität Hohenheim © privat

Sanmi Akintayo forscht für den Erhalt von Lebensmitteln. „Wie kann man grüne Technologie für die Lebensmittelkonservierung einsetzen?“ Das fragte sich der junge Nigerianer schon in seinem Bachelorstudium an der University of Benin. „Viele landwirtschaftliche Erzeugnisse werden verschwendet, weil es keine ordentlichen mechanischen oder technologischen Methoden für ihren Erhalt gibt.“ Heute sucht Akintayo als Doktorand an der Universität Hohenheim nach günstigen und nachhaltigen biotechnologischen Möglichkeiten der Konservierung für mehr Ernährungssicherheit in Afrika.

Ich erlebe hier, welche enorme Energie Deutschland in die Forschung steckt.
Sanmi Akintayo, Doktorand an der Universität Hohenheim

Ein Forschungsstipendium der deutschen Bayer Foundation hat ihm den Aufenthalt ermöglicht. 2019 kam er für seinen PhD nach Deutschland – nicht zum ersten Mal. 2015 und 2016 besuchte er vom DAAD geförderte Sommerschulen an der TU Braunschweig und erhielt damals einen ersten Einblick in die Forschungskapazitäten in Deutschland. „Ich erlebe hier, welche enorme Energie Deutschland in die Forschung steckt. Das öffnet mir die Chance, an ein internationales Forschungsnetzwerk anzuknüpfen, das mir ein Leben lang bleiben wird.“

Medizinische Forschung für Covid-19-Therapie

Dr. Caroline Mangare absolvierte ihren PhD in Hannover
Dr. Caroline Mangare absolvierte ihren PhD in Hannover © privat

Als Caroline Mangare 2017 ihre Arbeit als Doktorandin an der Medizinischen Hochschule Hannover mit einem DAAD-Stipendium begann, konnte sie nicht ahnen, wie wertvoll ihre Forschung in kurzer Zeit werden würde. Ihre Grundlagenforschung zum Immunsystem widmete sich T-Zellen, die Viren zerstören. Dann kam die Covid-19-Pandemie. „Die Frage ist jetzt, was für therapeutische Möglichkeiten die Forschung an T-Zellen bieten kann, um chronisch an Covid-19 Erkrankten zu helfen“, sagt Mangare. Bedeutung hat das in ihrer Heimat Kenia auch für geimpfte Menschen. „Wir haben viele HIV- oder Malaria-Patientinnen und -Patienten und wissen nicht, ob sie mit der Impfung überhaupt schützende Antikörper entwickeln können. Es gibt noch viel zu tun“, betont die 33-Jährige, die nun von Nairobi aus die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland vorantreibt.

 Deutschland war für Mangare ein Meilenstein. „Der Zugang zu fortschrittlichster Labortechnologie und einem erfahrenen wissenschaftlichen Team eröffnete mir Chancen, die ich in Afrika nicht gehabt hätte.“ Auch die Stadt gefiel ihr. „Hannover hatte so viel zu bieten, ich habe die Lebensbedingungen sehr genossen und Kontakt mit vielen Menschen gefunden. Ich empfehle: Go for it!“

 Äthiopisch-deutscher Austausch in Sonderpädagogik

Professor Tirussew Teferra, Psychologe und Sonderpädagoge
Professor Tirussew Teferra, Psychologe und Sonderpädagoge © privat

Der wissenschaftliche Austausch mit Deutschland prägt sein Leben und sein Lebenswerk: Tirussew Teferra, Professor für Special Needs Education an der Addis Abeba Universität. Dank seiner Initiative wurde Sonderpädagogik in Äthiopien als wissenschaftliches Fach etabliert. So konnten entscheidende Forschungslücken gefüllt werden. „Früher wurden Bildungsprogramme für Menschen mit Behinderungen wie Blindheit oder Taubheit in meinem Heimatland nicht gebührend beachtet“, sagt der internationale Experte, der sein Masterstudium in Sonderpädagogik und Psychologie bei Behinderung in Berlin absolviert hat, wo er 1990 promoviert wurde.

 Danach baute er mithilfe seiner Verbindungen in Deutschland und zu internationalen Netzwerken in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München den Studiengang an der Addis Abeba Universität auf – unterstützt von DAAD- oder Erasmus-Förderung. Viele seiner Studierenden sowie Kolleginnen und Kollegen kamen während der langjährigen gemeinsamen Forschungs- und Austauschprojekte ebenfalls nach Deutschland. Seinen Berliner Erfahrungen, sagt Tirussew, verdanke er seine Karriere. „In Deutschland habe ich auch gelernt, dass Wissenschaft ein Vollzeitjob ist und dass Deadlines einzuhalten sind.“

 Teferra hat viele internationale Preise, Ehrungen und Förderungen erhalten. Zuletzt bekam er den Georg-Forster-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung, der ihn – je nach Entwicklung der Pandemie – 2021 erneut zu einem Forschungsaufenthalt nach Deutschland bringen wird.

 © www.deutschland.de