Grande catastrophe? Deutschland beim ESC

Am 17. Mai 2025 ist es wieder so weit: Lichter blitzen, Pyros explodieren, Sängerinnen und Sänger in Glitzerkostümen tänzeln gestenreich durch Nebelschwaden und schmettern voller Inbrunst ihre Lieder von Liebe, Herzschmerz und Ekstase. Der Eurovision Song Contest (ESC) steht an, das dramatische pan-europäische Spektakel zwischen feuriger Leidenschaft, Genderfluidität und geopolitischer Symbolik. Musikstile von Balkan-Breakbeat über Schmachtschnulzen bis zu Heavy Metal krachen aufeinander. Und mittendrin: Deutschland.
Für manche Deutsche ist der ESC das emotionale Highlight des Jahres. Sie analysieren jeden Tanzschritt, jede Textzeile und jeden Soundeffekt. Monatelang fiebern sie auf den großen Tag hin und bejubeln den deutschen Beitrag mit eiserner Euphorie – unabhängig von der musikalischen Qualität. Und wenn die Platzierung trotz aller Hingabe unterirdisch ausfällt („L‘Allemagne, zéro point“), müssen sich diese Hardcorefans in Embryonalstellung auf dem Sofa von ihrer Sinnkrise erholen.
Andere fragen nüchtern: Warum tun wir uns das noch an? Denn: Der deutsche ESC-Pfad ist gesäumt von Totalausfällen, trotz der häufigsten Teilnahmen am Wettbewerb sind gute Platzierungen oder gar Siege rar gesät. Sage und schreibe neun Mal landete Deutschland auf dem letzten Platz! Und auch in diesem Jahr sind die Wettquoten so verheißungsvoll wie ein Wetterbericht im deutschen November. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt – und heißt 2025 schlicht: „Baller“. Ballern bedeutet im Deutschen umgangssprachlich schießen. Der lautmalerische Refrain gibt allerdings Rätsel auf: Handelt es sich um eine Hommage an den bei deutschen Touristen beliebten Hotspot „Ballermann“ auf Mallorca? Um den zweifelhaften Aufruf zu erhöhtem Alkoholkonsum? Oder um subtile Kritik am europäischen Aufrüstungstrend? Man weiß es nicht.
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Einverständniserklärung öffnenDie Interpreten Abor und Tynna kommen übrigens aus Wien, das bekanntlich nicht in Deutschland liegt. Egal! Im ESC-Universum reicht es zu wissen, dass das Land existiert, für das man antritt. Letztlich sind wir doch alle eine große Schlager-Familie – und Musik ist die Sprache, die jeder versteht. Also: Plateauschuhe an, Fähnchen schwenken und Daumen drücken, damit es vielleicht doch mal heißt: „L‘Allemagne, douze points!“