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Journalistinnen im Irak stärken

Journalistinnen im Irak müssen sich in einem männlich dominierten Umfeld behaupten. Eine deutsche Stiftung hilft ihnen dabei.

Jennifer Wagner, 11.08.2021
Journalismus – eine Arbeit, die oft viel Mut erfordert.
Journalismus – eine Arbeit, die oft viel Mut erfordert. © vadiml/stock.adobe.com

Platz 163 von 180 – der Irak ist weit abgeschlagen auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation „Reporter ohne Grenzen“. Medien gelten als Instrumente der Politik, Journalisten werden angegriffen, verhaftet und eingeschüchtert. In so einem Umfeld zu arbeiten, ist für Frauen besonders schwierig. Im Irak gibt es deshalb wenige Journalistinnen, der Beruf wird vor allem von Männern ausgeübt. Das möchte die deutsche „taz Panter Stiftung“ ändern, die eng mit der überregionalen deutschen Tageszeitung taz verbunden ist. Sie fördert Journalismus und unabhängige Initiativen, um die Demokratie weltweit zu fördern. Mit dem mehrmonatigen Projekt „Her Turn“ will sie die Pressefreiheit im Irak stärken und Frauen Mut machen, im Journalismus zu arbeiten. Unterstützt wird die Stiftung vom  deutschen Außenministerium, das 125.000 Euro für das Projekt zur Verfügung stellt.

Petra Bornhöft ist Mitglied des Kuratoriums der „taz Panter Stiftung“ und leitete das Projekt gemeinsam mit dem Journalisten Sven Recker. Alles begann, als Bornhöft 2019 in den Nordirak reiste. Sie war überrascht, unter welchen Bedingungen Frauen dort als Journalistinnen arbeiten und welchen Mut das erfordert. Sie besuchte einen kleinen Radiosender, der sich unter widrigsten Umständen als Frauenradio für Iraker und Syrer etabliert hatte. Diese Begegnung brachte Bornhöft auf die Idee, das Projekt „Her Turn“ zu starten.

Über Kontakte deutscher Nichtregierungsorganisationen im Irak warb sie für „Her Turn“. Doch zunächst gab es auch skeptische Stimmen. „Wir wurden gefragt, ob wir die üblichen big player sind, die in den Irak kommen, um Wissen zu vermitteln“, erinnert sich Bornhöft. Aber so sollte es eben nicht sein. „Unser Konzept ist der Austausch“, sagt Bornhöft.

Digitale Workshops aus Deutschland

So gingen schließlich mehr als 100 Bewerbungen bei der Stiftung ein. „Wir haben einige Kriterien aufgestellt, die die Frauen erfüllen sollten“, berichtet Bornhöft. Die Bewerberinnen sollten mindestens zwei Jahre Arbeit als Journalistin in Print-, TV-, Radio- oder Online-Medien mitbringen und aus verschiedenen Regionen des Landes kommen. 18 Teilnehmerinnen wurden schließlich ausgewählt, die an dem pandemiebedingt digitalen Workshops des Projekts teilnahmen.

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Die Organisation war deshalb eine besondere Herausforderung: In Berlin saßen die Moderatoren und deutsche Journalisten und Journalistinnen, in Bagdad zwei Dolmetscher und im ganzen Land verteilt die Journalistinnen. Sie hörten Fachvorträge über Hate-Speech, Korruption oder zu Wahlberichterstattung und konnten sich austauschen. „Wir sprachen über die journalistische Herangehensweise, haben Trainings eingebaut und anschließend haben die Frauen selbst Artikel oder Interviews verfasst“, berichtet Bornhöft. Die Ergebnisse füllen mittlerweile einen ganzen Blog entstanden und einige Seiten der Tageszeitung „taz“: Wie eine Finanzkrise in Kurdistan zur Chance für zwei Analphabetinnen wird; welche Hoffnung eine Jesidin aus ihrer Entführung durch den „Islamischen Staat“ nimmt oder was nach der Anklage einer Frau passierte, die an Demonstrationen teilnahm.

Vernetzung bringt neue Chancen

Für die Journalistinnen barg dieses Projekt zum einen die Möglichkeit des Austauschs untereinander, zum anderen schaffte die Vernetzung auch neue Chancen und macht den Frauen Mut, ihren Beruf weiter auszuüben. „Bei manchen Themen begann eine richtige Diskussion“, sagt Petra Bornhöft. Ist Beschneidung auch im Süden des Iraks ein Thema? Wie bewerten die Kolleginnen eine journalistische Idee? „Her Turn“ hat das Wissen aus TV, Print und Online-Medien aus dem Irak zusammengebracht und stärkt mit den Journalistinnen auch den ganzen Berufsstand.

Das war für viele Teilnehmerinnen auch der Hauptgrund, sich bei dem Projekt zu bewerben. „Ich konnte meine Fähigkeiten entwickeln, konnte von den Erfahrungen der anderen profitieren und habe gelernt, wie eine journalistische Geschichte entstehen kann“, sagte die TV- und Online-Journalistin Mona Abdel, die in der südirakischen Stadt Nasiriyah arbeitet. Ähnlich sieht das die TV-Journalistin Hiba Jaber Martrood aus der zentralirakischen Stadt Kerbela – einem der wichtigsten Wallfahrtsorte für Schiiten. „Ich konnte meine Professionalität ausbauen und habe viel über die Erfahrungen meiner weiblichen Kollegen gelernt“, sagt Martrood.

Wer sich fürchtet, für den gibt es keine Freiheit.
Mona Abdel, Journalistin

Einen Workshop, der hoffentlich nachwirkt, wünscht sich Petra Bornhöft. Ihre Hoffnung ist schon zum Teil in Erfüllung gegangen. „Eine Teilnehmerin hat das erste Frauenportal im Irak gegründet, eine andere Frau aus Bagdad hat den ersten Journalistinnenbund gegründet“, berichtet sie. So konnte der Workshop nicht nur die Pressefreiheit im Irak stärken, sondern hat die Teilnehmerinnen untereinander vernetzt. „Und für deutsche Medien hat der Workshop neue Kontakte in die Region zu Tage gebracht“, so Bornhöft. Klar ist, dass das Projekt ein kleiner Schritt ist, die Frauen im Irak zu stärken. Der größte Teil liegt bei ihnen – sie müssen den Mut haben, weiter zu arbeiten. Oder wie es in einem Text der Journalistin Mona Abdel heißt: „Wer sich fürchtet, für den gibt es keine Freiheit.“

Hier geht’s zum Blog: https://panterblog.taz.de/

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