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Neues aus der deutschen Comic-Szene

Literaturklassiker, Geschichte und Biografien als Comic? Ausgezeichnete Werke deutscher Graphic-Novel-Autoren zeigen, dass das Genre zugleich ernst, bewegend und unterhaltsam sein kann.

08.05.2017
© dpa - Reinhard Kleist

Deutschland. 105.000 Besucher eroberten im März 2017 das fantastische Reich der Leipziger Veranstaltung Manga-Comic Con. Sie standen Schlange an den Signiertischen der Starzeichner aus aller Welt. Auch Deutschland punktet mittlerweile mit prominenten Autoren im Genre der Graphic Novel. So gilt Reinhard Kleist als einer der profiliertesten deutschen Comiczeichner. Sein Thema ist die Biografie, etwa von Johnny Cash, Elvis, Fidel Castro. Berühmte Männer, denen Kleist sein zeichnerisches Monument gesetzt hat. Die Sprinterin Samia Yusuf Omar wiederum kennt sicher nicht jeder seiner Leser. Sie vertrat Somalia bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und wurde von islamischen Extremisten bedroht. In der Hoffnung, an den Olympischen Spielen in London teilnehmen zu können, versuchte sie die Flucht nach Europa und ertrank 2012 im Alter von 21 Jahren vor der Küste Maltas. Kleists Jugendbuch „Der Traum von Olympia“ wurde vielfach ausgezeichnet.

Reinhard Kleist: Der Traum von Olympia. Carlsen-Verlag, 152 Seiten, 17,90 Euro.

 

Nicht nur an Jugendliche richtet sich Nils Oskamps Autobiografie „Drei Steine“. In schwarz-weißen Zeichnungen skizziert er sein Leben als Schüler zwischen rechter Gewalt und Zivilcourage im Dortmund der 1980er-Jahre. Einen anderen Teil deutscher Geschichte dokumentiert Brigitte Weyhe in ihrer Comic-Reportage „Madgermanes“: Die in Ostafrika aufgewachsene Autorin illustriert darin die Biografien von Vertragsarbeitern aus Mosambik, die von 1979 bis 1991 in der DDR beschäftigt waren. Ihr Buch wurde mit dem Max-und-Moritz-Preis für den besten deutschsprachigen Comic ausgezeichnet.

Birgit Weyhe: Madgermans. Avant-Verlag, 240 Seiten, 24,95 Euro.

Alte Werke neu gezeichnet

Neben dem Trend dokumentarisch zu arbeiten, widmen sich viele deutsche Comic-Autoren der Neuinterpretation bekannter Stoffe der Weltliteratur. Einer von ihnen ist Illustrator Thilo Krapp, der sich den Roman „Krieg der Welten“ von H. G. Wells vorgenommen hat. Im Sepia-Farbton reproduziert er detailversessen das viktorianische London, das von dreibeinigen Außerirdischen angegriffen wird. Satirisch arbeitet er heraus, wie die Bürger in England auf die Belagerung durch Aliens reagieren. Die Freude an solchen Neuinterpretationen ist auch auf dem Manga-Markt zu beobachten, wo sich deutsche Autoren seit der Jahrtausendwende stärker durchsetzen. Etwa Diana Liesaus und Sabrina Ehnerts, die sich für „Piratebay“, die Manga-Reihe rund um Seeräuber Henry Morgan, von Literaturklassikern wie „Die Schatzinsel“, „Robinson Crusoe“ oder „Peter Pan“ inspirieren ließen.

Ausstellung „Comics! Mangas! Graphic novels!“ vom 7. Mai bis 10. September 2017 in der Bundeskunsthalle Bonn

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