Auswandererhaus Bremerhaven
Mit seiner emotionalen und zugleich fundierten Herangehensweise beeindruckt das Auswanderer-Museum Besucher und Fachleute.
Es ist eine gewöhnliche, wenn auch fein gearbeitete Mokkatasse. Rot bemaltes Porzellan mit Goldrand, aus dem Hause Beyer & Bock, hergestellt vermutlich in den 1920er-Jahren. So weit, so unspektakulär. Doch für Renate Hills, geborene Dewosch, war die Tasse etwas Besonderes. Aus ihr getrunken, schmeckte der Mokka nach Heimat – einer Heimat, die weit entfernt lag.
Renate Dewosch war als 15-Jährige mit ihren Eltern aus dem Nachkriegs-Berlin in die USA ausgewandert. Am 7. Februar 1952 hatte die Familie in Cuxhaven die „SS Homeland“ nach New York bestiegen – im Gepäck von Renate war damals auch die Mokkatasse, ein Geschenk ihrer Tante Martha. Immer wenn sie bei der Tante in Berlin-Tempelhof zu Besuch war, durfte sie daraus trinken. Als Erinnerungsstück bewahrte sie sie jahrzehntelang auf.
Die Geschichte von Renate Dewosch ist nur eine von unendlich vielen, die das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven erzählen möchte – und ihre Mokkatasse eines von vielen Ausstellungsstücken, die diese Geschichten greifbar machen. Seit mehr als zehn Jahren besteht das Museum inzwischen, im Januar 2016 feierte die Stiftung Deutsches Auswandererhaus, die das Museum fördert, ihr zehnjähriges Bestehen.
7,2 Millionen Auswanderer gingen hier an Bord
Der Standort Bremerhaven ist dabei alles andere als zufällig gewählt: Dort gingen zwischen 1830 und 1974 rund 7,2 Millionen Menschen an Bord von Schiffen, die sie in die „Neue Welt“ brachten. In dem Migrationsmuseum, das mit neuester Technik arbeitet, tauchen die Besucher tief ein in die Geschichten von Auswandererfamilien, bekommen Informationen zum historischen Hintergrund und können sich im hauseigenen Kino „Roxy“ eindringliche Kurzfilme zum Thema Flucht und Migration ansehen. Auch architektonisch ist das Auswandererhaus interessant: Aufragende Betonschwingen deuten ein Tuch an, wie es in Bremerhaven unzählige Male zum Winken in die Höhe gehalten wurde – ein Symbol des Abschieds.
Die gefühlvolle und zugleich fundierte Herangehensweise beeindruckt Besucher und Fachleute: 2007 gewann das Auswandererhaus den „European Museum of the Year Award“, mit dem sich auch Museen wie das Guggenheim in Bilbao oder das Victoria and Albert Museum in London schmücken.