„Ein kleines Stück Damaskus nach Berlin bringen“
Das Goethe-Institut Damaskus öffnet vorübergehend in der deutschen Hauptstadt – als Forum für Künstler aus Syrien und Deutschland. Drei der syrischen Teilnehmer des Projekts „Goethe-Institut Damaskus | Im Exil“ im Gespräch mit deutschland.de.

Worum geht es in Ihrer Video-Installation?
Ich habe Syrer mit unterschiedlichem Hintergrund zum Thema Dialog interviewt – beispielsweise Schriftsteller, einen Bauunternehmer, einen Künstler. Dabei ging es mir insbesondere darum, welche Probleme entstehen, wenn Dialog nicht funktioniert. Die Ideen aus den Interviews werde ich nutzen, um daraus Neues formen – sowohl Skulpturen als auch Textilwerke.
Was war der Ausgangspunkt für Ihre Installation?
Wir haben uns gefragt: Wie können wir etwas von dem, was das Goethe-Institut in Damaskus ausgemacht hat, nach Berlin transferieren? Da Dialog ein zentraler Aspekt war, lag das nahe. Ein anderer Ausgangspunkt war das Thema Sprache. Sprachen wie Deutsch sind nicht leicht zu lernen. Gleichzeitig gibt es aber zum Beispiel bei der Integration einen Druck, die Sprache schnell zu lernen, um in den Dialog treten zu können.
Warum war es Ihnen wichtig, an der Gestaltung des Projektraums mitzuwirken?
Ich finde das Projekt berührend, weil es ein kleines Stück Damaskus ins Exil nach Berlin bringt. Es ist für mich ein interessantes Projekt, weil es den künstlerischen Austausch fördert – und damit auch den Dialog zwischen Künstlern unterschiedlicher Sprache.
Was waren für Sie die Herausforderungen als Künstler in Syrien?
Vor dem Jahr 2005 gab es fast nur staatliche Kulturräume. Wenn man eine Ausstellung machen wollte, brauchte man besondere Genehmigungen. Und die hat man nicht so leicht bekommen, wenn man keine Beziehungen hatte. Ab 2005 öffneten viele private Galerien, aber den meisten ging es um das Kommerzielle. Sie haben die Kunst eher als Industrie gesehen. Deswegen haben viele Künstler nach Alternativen gesucht. Das Goethe-Institut in Damaskus war eine davon. Künstler haben dort gerne ihre Arbeiten ausgestellt.
Was ist für Künstler im Exil besonders herausfordernd?
Es geht darum, die künstlerische Arbeit weiterzuführen. Dafür muss man erst einmal ganz grundlegende Dinge regeln: Man braucht eine Wohnung und muss die Sprache lernen. Man muss Kontakte aufbauen und sich in der künstlerischen Community etablieren. Das dauert. Projekte wie „Goethe-Institut Damaskus | Im Exil“ sind deshalb sehr wichtig: Sie helfen Brücken zu bauen zwischen Künstlern aus Syrien und der Gesellschaft hier in Deutschland.
Im Rahmen des Projekts läuft Ihr Animationsfilm „Suleima“ über eine Aktivistin in der syrischen Revolution. Warum haben sie diese Hauptfigur gewählt?
Ihr Leben beschreibt beispielhaft das Leben vieler Syrer: Sie arbeitet hinter den Kulissen und leidet unter dem Krieg. Trotzdem versucht sie immer wieder, anderen zu helfen. Es ist eine kleine Geschichte aus der Revolution, die für viele steht.
Sie haben 2011 angefangen, ein Traumarchiv aufzubauen. Worum geht es dabei?
Mich hat interessiert, was auf der unterbewussten Ebene passiert. Ich habe mit einer Facebook-Seite angefangen und die Leute gebeten, mir von ihren Träumen zu erzählen. Später habe ich auch Interviews gemacht, beispielsweise in Flüchtlingslagern im Libanon. Ich finde es interessant zu schauen, wie sich die Träume seit der Revolution in Syrien verändert haben. Auch wegen der Frage: Gibt es ein gemeinsames Unterbewusstsein von Syrern? Aus den Träumen habe ich Tanztheaterstücke gemacht.
Im Rahmen des Projekts „Goethe-Institut Damaskus | Im Exil“ nehmen Sie an einer Diskussion unter dem Titel „Flucht in die Kunst?“ teil. Was treibt Sie bei dieser Frage um?
Es ist in Mode gekommen, Kunst aus Fluchtgebieten zu besitzen. Und jeder will Kunst für Flüchtlinge machen. Dann stellt sich aber die Frage: Wo bleibt die künstlerische Qualität? Und: Wird das Fluchtthema nicht ausgenutzt? Das sind heikle Fragen. Für mich sollte die Kunst für sich selbst sprechen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten als Künstlerin im Exil – welcher wäre das?
In den letzten Jahren vor der Revolution gab es eine schöne Stimmung in Syrien. Es wäre toll, wenn wir hier langfristig einen Raum hätten, um diese Stimmung weiterzutreiben. Einen Raum, um uns zu treffen, zu proben, zu brainstormen und die Energie wieder aufzuladen. Das wäre schön.
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