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„Die gleichen Rechte wie alle anderen“

Wieso Inklusion ein demokratischer Wert ist und wo es noch Handlungsbedarf gibt, erklärt Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung. 

Jessica KraußJessica Krauß, 30.11.2023
Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung
Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung © Behindertenbeauftragter/Thomas Rafalzyk

In Deutschland leben rund 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigung, rund acht Millionen davon sind schwerbehindert. Die Barrierefreiheit in Deutschland ist an vielen Stellen immer noch ausbaufähig. Seit 2018 ist Jürgen Dusel Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Sein Auftrag ist es, darauf hinzuwirken, dass alle Ministerien der Bundesregierung eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen umsetzen - in allen Lebensbereichen.  

Herr Dusel, Ihr Leitmotiv lautet „Demokratie braucht Inklusion“. Welche Idee steckt hinter diesem Motto?
Alle Menschen brauchen umfassende Möglichkeiten der Teilhabe, das gehört zu einer Demokratie dazu. Manchmal hat man den Eindruck, Inklusion ist ein Modewort geworden. Dabei geht es um etwas Demokratisches. Menschen mit Behinderungen sind Bürgerinnen und Bürger dieses Landes und haben die gleichen Rechte wie alle anderen. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen diese Rechte auch einlösen können. Für mich ist ein Land erst dann demokratisch, wenn es inklusiv denkt und handelt. Das müssen wir als Wert begreifen, der unsere Demokratie ausmacht.  

Was waren bislang die größten Erfolge Ihrer Arbeit?
Dazu gehört die Verdoppelung der Pauschbeträge im Einkommenssteuerrecht. Das hat gezeigt, dass die Bundesregierung Inklusion nicht nur als Schönwetter-Konzept versteht, sondern wirklich ernst nimmt. Das war ein starkes Zeichen des Respekts an diejenigen, die arbeiten gehen und Einkommenssteuer zahlen. Ich habe außerdem lange dafür gekämpft, dass die Teilhabe am Arbeitsleben verbessert wird. Der Gesetzgeber hat in diesem Jahr die Ausgleichsabgabe für Unternehmen verdoppelt, die trotz Beschäftigungspflicht keine Menschen mit Schwerbehinderung einstellen. Das war auch ein wichtiger Schritt. 

Und wo besteht noch Handlungsbedarf?
Besonders bei der Barrierefreiheit im privaten Bereich muss in Zukunft noch viel getan werden. Wer ins Restaurant, ins Kino gehen möchte und mobil sein will, der muss auch die Möglichkeit dazu haben. Barrierefreiheit ist für mich ein Qualitätsmerkmal für ein modernes Land. Ich bin dafür, auch die privaten Anbieter von Produkten und Dienstleistungen zu verpflichten, zumindest angemessene Vorkehrungen zur Barrierefreiheit zu schaffen. Wir brauchen zum Beispiel auch mehr barrierefreie Arztpraxen in Deutschland. Aktuell sind nur etwa ein Viertel aller Arztpraxen barrierefrei und das muss sich dringend ändern. Das verdeutlicht, dass Inklusion in allen Lebensbereichen unabdingbar ist.