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Botschafter Viktor Elbling in Mexiko

In der deutschland.de-Serie „Auf Posten“ gewähren deutsche Botschafter Blicke hinter die diplomatischen Kulissen und auf ihr Gastland. Teil 10: Viktor Elbling in Mexiko.

19.05.2015
© Thomas Koehler/photothek.net - Viktor Elbling und Frank-Walter Steinmeier

Herr Elbling, welche Themen bestimmen derzeit die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko?

Mexiko ist einer unserer wichtigsten Partner. Unsere Beziehungen sind sehr vielfältig und umfassen alle Bereiche des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Wenn ich versuchen soll, es ein wenig einzugrenzen, würde ich sagen, dass Thema der nachhaltigen Entwicklung ist dabei ganz zentral. Darunter würde ich auch Fragen des Klima- und Umweltschutzes, einer nachhaltigen Energiepolitik, Fragen der Stadtentwicklung und von Bildung und Ausbildung fassen. Wirtschaftswachstum zu generieren, von dem die Bevölkerung profitiert, ohne dabei Raubbau an natürlichen Ressourcen und der Umwelt zu treiben, den Menschen gleichzeitig eine Perspektive und einen Lebensraum mit hoher Lebensqualität zu bieten, ist die Herausforderung, vor der wir alle stehen. Daher haben wir gemeinsam mit dem „Centro Mario Molina“ ein Dialogforum für eine nachhaltige Zukunft ins Leben gerufen. Deutsche und Mexikanische Experten wollen gemeinsam über Themenkomplexe wie Mobilität, Klimaschutz, Energie sprechen und nachhaltige Lösungsansätze erarbeiten. Mexiko hat großes Potential im Bereich der erneuerbaren Energien. Gleichzeitig kann die Energieeffizienz noch gesteigert, Energieverluste reduziert werden. Deutsche Wissenschaftler und Unternehmen verfügen in diesem Bereich über große Erfahrung und viel Fachwissen. Mit der Öffnung des mexikanischen Energiesektors ergeben sich sehr gute Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Auch beim Thema berufliche Bildung arbeiten wir eng mit Mexiko zusammen. Wir unterstützen die Einführung eines mexikanischen Modells der Dualen Ausbildung. Jungen Mexikanern soll mit dem Modell eine Alternative zum Universitätsstudium geboten werden. Gerade Jugendliche aus ärmeren Gesellschaftsschichten, die sich ein Studium nicht leisten können, erhalten dadurch die Chance auf eine gute Ausbildung und können dabei bereits Geld verdienen, und die soziale Mobilität steigt. Der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften auf der technischen Ebene ist in Mexiko sehr groß. Nicht zuletzt die 1700 deutschen Unternehmen, die auf dem mexikanischen Markt aktiv sind, profitieren davon. Eine klassische Win-Win-Situation.

Was verbindet Mexiko mit Deutschland auf besondere Weise und wo würden Sie die Beziehungen gern weiter vertiefen?

Unsere Länder verbindet eine lange Geschichte. Mit der Reise Alexander von Humboldts 1803/1804 und seinem Bericht über das Land wurde die Faszination der Deutschen für das Land geweckt. Verschiedene Auswandererwellen haben seither dazu geführt, dass Deutsche und Deutschstämmige in allen Gesellschaftsbereichen an der Entwicklung Mexikos mitgewirkt haben und mitwirken.  Deutschland ist für Mexiko ein privilegierter Partner in Europa. Unsere Wirtschaftsbeziehungen sind sicher ein Eckpfeiler. 1700 deutsche Unternehmen haben bisher rund 25 Milliarden Euro in Mexiko investiert und 120.000 Arbeitsplätze geschaffen. Weitere Investitionen folgen. Unsere Unternehmen glauben an Mexiko. Aber es ist für uns viel mehr als nur ein wichtiger Handelspartner. Wir teilen ein Wertegerüst, stehen ein für demokratische Werte, eine freiheitliche Gesellschaft, nachhaltige Entwicklung, friedliche Konfliktlösung, die Wahrung der Menschenrechte. Deshalb unterstützen wir Mexiko auch bei der Bewältigung der Herausforderungen, denen sich Mexiko in diesen Monaten gegenübersieht, zum Beispiel der Fortentwicklung des Rechtsstaates. Wir wollen unsere Zusammenarbeit in allen Bereichen noch weiter auszubauen. Ein gemeinsames Projekt im Bereich der Forensik ist in Vorbereitung. Die mexikanische Regierung hat entschieden, dass Mexiko sich künftig an Friedensmissionen der Vereinten Nationen beteiligen wird, und sie teilen gerne die Erfahrungen, die Deutschland in diesem Bereich in den letzten Jahren gemacht hat. Ich finde wichtig, dass wir den Austausch von jungen Deutschen und Mexikanern – Schülern, Studenten, jungen Berufstätigen und Wissenschaftlern – noch intensivieren. Sie bauen Brücken zwischen unseren Gesellschaften, durch das gegenseitige Erlernen unser beider Sprachen, einen Schulbesuch, ein Studium, Berufstätigkeit und Freundschaften. Dies wird dazu beitragen, dass unsere Beziehungen in Zukunft noch stärker werden.

2014 wurde die Einsetzung einer gemeinsamen Regierungskommission beschlossen. Was versprechen Sie sich davon?

Auch die sogenannte Binationale Kommission, die am 8. Juni 2015 erstmals in Berlin zusammenkommen wird, soll zur Weiterentwicklung und Vertiefung unserer Beziehungen beitragen.  Sie bietet eine Plattform für einen regelmäßigen und noch engeren politischen Dialog zwischen den Regierungen unserer beiden Länder. Der Austausch über Themen von gemeinsamem Interesse und das Erarbeiten von gemeinsamen Initiativen auch im multilateralen Rahmen wird durch die Binationale Kommission erleichtert.

Für 2016 ist in Mexiko ein Deutschland-Jahr und in Deutschland ein Mexiko-Jahr geplant. Wo liegen die Schwerpunkte, was werden die Highlights sein?

Mit dem Deutschland-Jahr wollen wir das bereits ausgesprochen positive Deutschlandbild in Mexiko modernisieren, das oft noch auf hergebrachten Vorstellungen beruht. Wir wollen den Mexikanern einen umfassenden Einblick in die moderne deutsche Gesellschaft geben, in das Kulturleben, in Wirtschaft und Wissenschaft. Sie sollen einen Eindruck von unserer Lebenswirklichkeit heute bekommen. Themenschwerpunkte sollen Wissenschaft, Forschung und Innovation, Umwelt und Nachhaltigkeit, Mobilität und Integration sowie Bildung, vor allem auch berufliche Bildung sein. Zu den vielen Highlights, die wir geplant haben, gehört sicher ein Projekt zum Elektro-Car-Sharing, ein Alexander-von-Humboldt-Garten, mit dem wir die Bedeutung der Biodiversität unterstreichen wollen und eine Otto-Dix-Ausstellung.

Häufig unterscheiden sich Innensicht und Außensicht eines Landes. Was muss nach Ihren persönlichen Erfahrungen einmal über Mexiko gesagt werden?

Ich glaube, dass das Mexiko-Bild eines großen Teils der Deutschen von zwei gegensätzlichen Einflüssen geprägt ist, die beide nur einen begrenzten Teil der Realität in diesem vielschichtigen, großen Land mit seinen unendlich vielen Facetten abbilden. Da sind einerseits die Tourismus-Hochburgen, vor allem die Strände Yucatáns rund um Cancún, die viele Deutsche von Urlauben kennen. Und natürlich die vielen TexMex-Restaurants in Deutschland, die einen Teil der mexikanischen Küche, übrigens UNESCO-Weltkulturerbe, bei uns bekannt gemacht haben.  Andererseits hebt die Berichterstattung in deutschen Medien stark auf die Sicherheitsprobleme Mexikos und die Drogenproblematik ab. Natürlich gibt es im Sicherheitsbereich und beim Thema Drogenkartelle große Herausforderungen für Mexiko und es ist wichtig, diese mit großer Entschiedenheit anzugehen. Darüber hinaus hat sich das Land aber in den letzten Jahren enorm entwickelt. Mexiko ist der siebtgrößte Autoproduzent der Welt, die Luftfahrtindustrie in Mexiko entwickelt sich sehr gut. Das Land ist reich an Kultur, hat über 30 Weltkulturerbe-Stätten. Mexiko-Stadt ist die zweitgrößte Metropolregion der Welt mit einem pulsierenden Kultur- und Nachtleben, die Stadt mit den weltweit meisten Museen, vielen Grünflächen und einer immer besseren Infrastruktur für Radfahrer. Es lohnt sich, das Land zu bereisen und seine vielen Gesichter auch abseits der Tourismuszentren zu erkunden.

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