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„Unserdeutsch“ – die einzige deutsch-basierte Kreolsprache

Vor mehr als einhundert Jahren erfanden Missionsschüler in der Südsee „Unserdeutsch“.

16.02.2016
© dpa/H. Wilhelmy - Neuguinea "Unserdeutsch"

„Du geht wo, Du essen was?“ Wer Deutsch spricht, versteht diese Frage wahrscheinlich, obwohl sie grammatikalisch etwas holprig ist. Es handelt sich aber tatsächlich um Deutsch – genaugenommen um „Unserdeutsch“, eine vom Aussterben bedrohte Kreolsprache. Als Kreolsprache wird eine Sprache bezeichnet, die aus mehreren Sprachen entstanden ist. „Unserdeutsch“ wird nur noch von weniger als einhundert meist älteren Menschen in Papua-Neuguinea gesprochen. Sie ist die weltweit einzige deutsch-basierte Kreolsprache. Anders als die meisten Kreolsprachen, die in Handelskontexten auf Plantagen oder in Häfen entstanden, ist „Unserdeutsch“ das Resultat einer von Missionsschülern entwickelten Geheimsprache während der deutschen Kolonialzeit um 1900 in Papua-Neuguinea.

Die Mütter der Missionsschüler gehörten einem der örtlichen Stämme an, ihre Väter waren Kolonialbeamte aus Deutschland, Seefahrer aus Australien oder Wanderarbeiter aus China. In der katholischen Herz-Jesu-Mission Vunapope nahe der heutigen Privinzhauptstadt Kokopo wurden sie von Ordensschwestern in Hochdeutsch unterrichtet. Das Deutsch, was sie im Unterricht lernten, vermischten sie abseits der Schulbank mit den Sprachen ihrer Eltern und erfanden auf diese Weise „Unserdeutsch“. Aus „Um drei Uhr hole ich dich ab“ wurde „Drei Uhr i komm aufpicken du“, „i“ ist eine Mischung aus „ich“ und dem englischen „I“ und als Artikel verwendeten die Kinder der Einfachheit halber nur „der“ oder „de“.

Erst in den 1970er-Jahren entdeckt

In den 1970er-Jahren entdeckte Prof. Dr. Craig Volker von der Divine Word University in Madang (Papua-Neuguinea) „Unserdeutsch“ durch Zufall. Gemeinsam mit den Sprachwissenschaftlern Prof. Dr. Péter Maitz und Prof. Dr. Werner König von der Universität Augsburg untersucht er „Unserdeutsch“ näher. In einem dreijährigen Projekt dokumentieren die Sprachwissenschaftler die bedrohte Sprache, beschreiben ihre Struktur systematisch und rekonstruieren ihre Geschichte und Entstehung. Das Projekt wird mit 367.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. „Wenn man Deutsch kann, versteht man Unserdeutsch recht gut, weil der Wortschatz zum großen Teil derselbe ist“, sagt Maitz.

Internationaler Tag der Muttersprache am 21. Februar 2016

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