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Vielfalt in der deutschen Politik

Die Diversität der deutschen Gesellschaft bildet sich auch in der Politik ab. Wir stellen euch Politikerinnen und Politiker mit deutsch-afrikanischen Wurzeln vor.

Ana Maria Michel, 14.03.2023
Aminata Touré ist Ministerin in Schleswig-Holstein.
Aminata Touré ist Ministerin in Schleswig-Holstein. © picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Aminata Touré

Aminata Touré ist nicht nur die jüngste, sondern auch die erste afrodeutsche Ministerin in Deutschland. 1992 wurde sie in Neumünster geboren. Ihre Eltern waren zuvor nach einem Putsch aus Mali nach Deutschland geflohen. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte Touré mit ihrer Familie in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete. Schon in ihrer Schulzeit engagierte sie sich politisch, etwa bei dem Projekt Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage. 2012 wurde Touré Mitglied bei der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Fünf Jahre später zog sie in den Landtag des norddeutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein ein, dessen Vizepräsidentin sie zwischen 2019 und 2022 war. In dem Jahr folgte ein weiterer Höhepunkt in Tourés bisheriger politischen Karriere: Sie wurde Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein. Touré setzt sich als Ministerin auch für junge Menschen ein. Bereits in ihrem 2021 erschienen Buch „Wir können mehr sein. Die Macht der Vielfalt“ ruft sie junge und diverse Menschen dazu auf, mit ihrem Engagement Politik und Zusammenleben zu verändern.

Awet Tesfaiesus

Awet Tesfaiesus ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags.
Awet Tesfaiesus ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags. © picture alliance/photothek | Felix Zahn

Sie ist die erste afrodeutsche Abgeordnete in der Geschichte des Bundestags: Seit 2021 sitzt Awet Tesfaiesus für Bündnis 90/Die Grünen im Parlament. Als Kind war sie mit ihrer Familie aus Eritrea nach Deutschland geflohen, wo sie direkt aufs Gymnasium kam. „Ich bin dankbar dafür, mit zwei Kulturen groß geworden zu sein und so schon früh gelernt zu haben, dass die eigene Perspektive eine unter vielen ist“, sagt sie rückblickend. Nach dem Abitur studierte sie Jura in Heidelberg, als Rechtsanwältin spezialisierte sie sich auf Asyl- und Migrationsrecht. 2009 wurde sie Mitglied bei den Grünen. Weil sie dem Erstarken der rechtspopulistischen Partei AfD etwas entgegensetzen wollte, ließ sie sich 2016 in Kassel für das Stadtparlament aufstellen.

Tesfaiesus dachte jedoch schon öfter darüber nach, Deutschland zu verlassen; vor allem nach dem rassistischen Anschlag in Hanau im Jahr 2020, bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund getötet wurden. Doch sie entschied sich dafür, zu bleiben, um hier gegen Rassismus zu kämpfen – und um für den Bundestag zu kandidieren. Dabei konnte sich Tesfaiesus zunächst nicht vorstellen, als Schwarze Frau in die Politik zu gehen, auch weil es an Vorbildern fehlte. Nun ist sie selbst ein Vorbild. Im Bundestag ist die 48-Jährige Obfrau des Ausschusses für Kultur und Medien und Mitglied im Rechtsausschuss. Sie engagiert sich besonders für Themen wie Dekolonialisierung, Vielfalt und Chancengleichheit. „Als Schwarze Frau habe ich früh die Konsequenzen struktureller Diskriminierung gespürt. Das schärft meinen Blick für Ungerechtigkeiten“, erläutert sie.

Karamba Diaby

Karamba Diaby wurde 2013 in den Deutschen Bundestag gewählt.
Karamba Diaby wurde 2013 in den Deutschen Bundestag gewählt. © picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Als einer der ersten in Afrika geborenen Politiker wurde Karamba Diaby 2013 in den Bundestag gewählt. Dort ist er Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Mein politisches Engagement hat seine Wurzeln in meiner Herkunft und in den Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe“, sagt er. Der Sozialdemokrat wurde 1961 im Senegal geboren und wuchs nach dem Tod seiner Eltern bei seiner älteren Schwester auf. Mitte der 1980er-Jahre kam Diaby in die DDR, um Chemie zu studieren. Er promovierte mit einer Dissertation auf dem Gebiet der Geoökologie über Schrebergärten.

Zusammenhalt, Arbeitspolitik, Umwelt und Bildung sind die Themen, die ihn heute beschäftigen. Diaby fühlt sich wegen seines Lebenswegs dafür verantwortlich, sich für Menschen mit Migrationsgeschichte einzusetzen. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es sein kann, in einer neuen Umgebung Fuß zu fassen und mit Vorurteilen und Diskriminierung umzugehen“, sagt er. Heute ist Diaby neben seinem Parteikollegen Armand Zorn aus Kamerun und der Grünen Awet Tesfaiesus einer von drei afrodeutschen Bundestagsabgeordneten.

Doreen Denstädt

Seit dem 1. Februar 2023 leitet Doreen Denstädt das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz in Thüringen. Denstädt wurde in Saalfeld an der Saale geboren und wuchs in Erfurt auf; ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater stammt aus Tansania. Bevor die 45-Jährige Ministerin wurde, arbeitete sie in der Polizeivertrauensstelle des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales. Dort können sich Bürgerinnen und Bürger melden, die sich zum Beispiel von der Polizei diskriminiert fühlen. Als Ministerin will sie sich nun unter anderem für den Opferschutz einsetzen.

Erst seit 2021 ist Denstädt Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Dass sie als Schwarze Frau nun Ministerin ist, hat für Denstädt, wie sie sagt, keine allzu große Bedeutung. „Ich war in meinem Leben schon ganz oft das erste Schwarze Mädchen oder die erste Schwarze Frau“, sagt sie. „Das hat mich weder irgendwie behindert, noch hat es mich besonders angespornt.“ Doch auch Denstädt hat immer wieder die Erfahrung gemacht, als Fremde wahrgenommen zu werden. Sie weiß, wie wichtig es für marginalisierte Gruppen ist, sich in der Politik repräsentiert zu fühlen.