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Steinmeier zur US-Wahl

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier setzt auf „funktionierende transatlantische Beziehungen, die das Fundament des Westens sind“.

09.11.2016
© dpa - Frank-Walter Steinmeier

„Wir alle haben vermutlich eine lange Nacht gehabt. Amerika hat gewählt, und die Bedeutung des Wahlausgangs – auch für uns – ist überhaupt nicht zu unterschätzen. Das Ergebnis ist anders, als die meisten in Deutschland es sich gewünscht haben. Aber selbstverständlich akzeptieren wir dieses Ergebnis.

 

Dass der Wahlkampf zu Ende geht, ist gut. Denn die Art und Weise, wie er geführt wurde, hat tiefe Wunden geschlagen, die nicht ganz einfach zu schließen sein werden. Ich habe auch während des Wahlkampfes mehr als einmal gesagt, dass ich verstört war über die Art und Weise, wie er geführt wurde.

 

Wenn Donald Trump, wie er heute Morgen gesagt hat, wirklich Präsident aller Amerikaner werden will, dann wird es seine erste Aufgabe sein, die tiefen Gräben, die in der amerikanischen Gesellschaft während dieses Wahlkampfes entstanden sind, zuzuschütten. Aber noch größer wird die Herausforderung sein, mit den hohen Erwartungen umzugehen, die Trump selbst geweckt hat, und diese zu erfüllen. Amerika wieder groß zu machen, auch mit Blick auf die Wirtschaft; neue Jobs zu schaffen in dieser Situation und in dem wirtschaftlichen Umfeld, in dem wir uns befinden – das wird nicht einfach sein.

 

Vor allem aber hoffe ich, dass wir nicht vor größeren Verwerfungen in der internationalen Politik stehen. Trump hat im Laufe des Wahlkampfes kritische Worte nicht nur zu Europa, sondern auch zu Deutschland gefunden. Ich glaube, wir müssen uns darauf einstellen, dass amerikanische Außenpolitik für uns weniger vorhersehbar sein wird, und wir müssen uns darauf einstellen, dass Amerika geneigt sein wird, häufiger allein zu entscheiden.

 

Mit anderen Worten: Ich will nichts schönreden. Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger werden. Aber ich bin mir sehr bewusst, dass funktionierende transatlantische Beziehungen so etwas wie das Fundament des Westens sind. Deshalb dürfen wir dieses Fundament nicht preisgeben. Hinzu kommt: Es gibt unzählige Verbindungen zwischen unserem Land und den USA, die wir erhalten und pflegen müssen. So, wie wir Deutschen in der Vergangenheit viel von unseren amerikanischen Freunden gelernt haben, so dürfen wir jetzt unseren amerikanischen Freunden Mut zusprechen, zu den gewachsenen Partnerschaften in der Vergangenheit und damit auch zu uns zu stehen.

 

Wir wissen nicht, wie Trump Amerika regieren wird. Es sind viele Fragen offen geblieben. Natürlich werden wir das Gespräch suchen, um Antworten auf diese Fragen zu bekommen. Aber der heutige Tag ist aus meiner Sicht auch Anlass zur Selbstvergewisserung in Deutschland und in Europa: Ich glaube, wir dürfen uns mit Blick auf dieses Wahlergebnis nicht treiben lassen. Wir sollten ein Hort der Vernunft bleiben, wir sollten unsere politische Kultur pflegen. Das, was wir miteinander hier in Deutschland geschafft haben – die Verbindung von wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung – das hat uns zu einem anerkannten Partner innerhalb Europas und darüber hinaus gemacht und dazu können wir selbstbewusst stehen.“

 

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