„Der Euro hält Europa zusammen“
20 Jahre Euro-Bargeld: Bundesbank-Vorstand Beermann über den Abschied von der D-Mark im Jahr 2002 und die Bedeutung des Bargelds.

Herr Professor Beermann, wie oft zahlen Sie noch mit Bargeld?
Jeden Tag mehrfach, wie viele andere zum Beispiel an der Supermarktkasse oder auf dem Markt. Selbst in der Corona-Pandemie erfolgen 60 Prozent der Bezahlungen in bar.
Erwarten Sie langfristig Veränderungen?
Das wird sich erst nach Ende der Pandemie zeigen. Wenn Geschäfte geschlossen sind oder zum Beispiel Weihnachtsfeiern ausfallen, lässt sich nicht beurteilen, wie sich das Zahlungsverhalten langfristig verändern wird. Gerade in Krisenzeiten horten die Menschen auch Bargeld. Das ist ein psychologischer Effekt mit einem realen Hintergrund, der sich in dem Satz „Nur Bares ist Wahres“ widerspiegelt. Die Menschen sind vorsichtig.
Momentan sind insgesamt 1,55 Billionen Euro Bargeld auf der Welt im Umlauf. Der jährliche Zuwachs liegt zurzeit bei rund acht Prozent.
Welche Erinnerungen haben Sie an die Euro-Bargeldeinführung am 1. Januar 2002?
Die Menschen waren vorher ungeduldig und wahnsinnig neugierig. Die Bargeldeinführung lief dann hochprofessionell ab und war sehr gut organisiert. Von einem Tag auf den anderen hat es geklappt, dass die Menschen mit Euro bezahlen konnten. Das war schon eine gewaltige Aufgabe. Die Banken mussten die neuen Banknoten und Münzen vorrätig haben, aber auch jeder Fahrkartenautomat musste funktionieren. Zudem musste das bisherige D-Mark-Bargeld eingesammelt werden.
Wer noch D-Mark-Scheine oder Münzen hat, kann diese nach wie vor in Filialen der Bundesbank umtauschen. Wird das so bleiben?
Das wird zeitlich unbegrenzt möglich sein, dies ist auch eine Frage des Vertrauens. Ende November 2021 hatten 12,4 Milliarden D-Mark noch nicht ihren Weg zurück zur Bundesbank gefunden, Ende 2001 waren es 162 Milliarden.
Die Deutschen hatten eine sehr emotionale Beziehung zur D-Mark. Wie ist das Verhältnis zum Euro heute?
Die D-Mark war eine harte Währung, und sie hatte für die Menschen in Deutschland eine ganz besondere Bedeutung. Im Osten war die Umstellung auf den Euro schon die zweite Währungsumstellung in relativ kurzer Zeit nach der Einführung der D-Mark 1990 nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Heute sieht die Mehrheit der Menschen in den Euroländern den Euro als eine gute Sache für unser Land und für Europa an.
Wie wichtig ist der Euro für Europa?
Der Euro hält Europa zusammen. Er zeigt, wie selbstverständlich das Zusammenleben geworden ist.
Die Euro-Banknoten sollen bis 2024 neu gestaltet werden. Auf den Scheinen sind bislang abstrakte Fenster, Tore und Brücken, aber keine echten Gebäude oder Persönlichkeiten zu sehen. Was erwarten Sie bei der Neugestaltung?
Es ist gut, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesen Prozess der Neugestaltung eingebunden werden. Dies stellt auch eine Möglichkeit dar, über Europa nachzudenken. Was die künftigen Motive angeht, ist bislang alles möglich.