Gemeinsam für den Schutz der Meere
In der Initiative MeerWissen kooperieren afrikanische und deutsche Forschende. Mit ihrer Arbeit für Meeresschutz wollen sie auch politisch etwas bewirken.
Verschmutzung, Überfischung, Klimawandel: Überall auf der Welt sind die Meere durch Einflüsse des Menschen bedroht. Afrika ist im Norden vom Mittelmeer, im Osten vom Roten Meer sowie vom Indischen Ozean und im Westen vom Atlantik umgeben. Für Küstenstaaten sind gesunde Ökosysteme unter anderem im Hinblick auf ihre Wirtschaft und die Ernährung ihrer Bevölkerung wichtig. Die Initiative MeerWissen will daher einen Beitrag zum Schutz der Meere Afrikas leisten. Dafür arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus afrikanischen Ländern und aus Deutschland zusammen. In ihren Projekten geht es zum Beispiel um das Verfügbar-Machen von Ozean- oder Fischereidaten oder um den Schutz der Artenvielfalt, ob bei gefährdeten Aalen in Tansania oder vom Aussterben bedrohten Pinguinen in Namibia und Südafrika.
Aufruf zur Rettung der Meere
2018 wurde MeerWissen vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiiert, nachdem die Vereinten Nationen auf der ersten Weltozeankonferenz zur Rettung der Meere aufgerufen hatten. Um sie besser zu schützen, brauche es klare politische Vorgaben, sagt Sven Stöbener, Sprecher des MeerWissen-Sekretariats. „Für solche Vorgaben fehlen afrikanischen Partnerländern häufig wissenschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlagen, die auf den regionalen Kontext zugeschnitten sind.“ Nun wollen Forschende Informationen zur Verfügung stellen, auf deren Basis Politikerinnen und Politiker handeln können.
2019 starteten die ersten Teams; die Vorhaben werden mit bis zu 250.000 Euro gefördert. Elf Projekte sind aktuell in der Schlussphase, ein weiteres ist bereits abgeschlossen. Im Sommer 2022 sollen vier neue Projekte starten. Insgesamt sind 32 Institutionen an der Initiative beteiligt. In Deutschland unter anderem das GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung, das Alfred-Wegener-Institut oder die Universität zu Kiel. In Afrika etwa das South African National Biodiversity Institute (SANBI), die University of Namibia oder das Tanzania Fisheries Research Institute (TAFIRI). Partnerschaft auf Augenhöhe sei ein zentraler Grundsatz von MeerWissen. Afrikanische Institutionen erhielten Zugang zu Technologien, Innovationen und Netzwerken der deutschen Meeresforschung, sagt Stöbener. Diese profitiere wiederum davon, ihre Arbeit durch die Expertise ihrer afrikanischen Partner auf nationale und regionale Agenden und Bedürfnisse ausrichten zu können.
Mehr Wissen über Aale
Das Bremerhavener Thünen-Institut zum Beispiel gilt als eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen beim Thema Süßwasseraale. Beim MeerWissen-Projekt BIOEELS-TZ setzen die Forschenden ihr Wissen über Aale der gemäßigten Zonen für die Erforschung tropischer Arten ein. Mehr als 40 Aal-artige Fische leben in Tansania; einige der schlangenförmigen Knochenfische gelten als gefährdet. Um sie zu erhalten, wird zum Beispiel die biologische Vielfalt der wandernden Aale in Küstenflüssen untersucht.
Die Universität in Daressalam und das TAFIRI übernehmen dabei auch die Führung des sozioökonomischen Projektteils, denn BIOEELS-TZ verbindet Biologie und Sozialwissenschaften. So gehören auch Interviews mit Fischern zur Forschungsarbeit. Weil Aale empfindlich auf Umweltveränderungen reagieren und Tansanias Bevölkerung stark wachsen wird, sind der Erhalt der Aale, der Schutz ihres Lebensraums und eine nachhaltige Fischerei wichtig.
Für die Vielfalt im Meer
Mouhamed Moustapha Fall und Kwabena Owusu vom African Institute for Mathematical Sciences (AIMS) in Senegal und Agostino Merico vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen sind davon überzeugt, dass ihr Projekt INDUCE politischen Einfluss haben kann. An den Küsten Senegals herrscht eine große Artenvielfalt – doch diese Gebiete sind auch für die Wirtschaft des Landes bedeutend. „INDUCE zielt darauf ab, fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse für die Erhaltung der funktionalen Vielfalt der Fische unter dem Gesichtspunkt eines sozialverträglichen und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftswachstums in Senegal zu gewinnen“, sagt Owusu. Das ZMT und das AIMS arbeiten bereits seit fast zehn Jahren zusammen, an INDUCE ist nun auch das Oceanographic Research Center of Dakar-Thiaroye (CRODT) beteiligt. Gemeinsam erforschen sie die Fischvielfalt im Senegal.
„Der afrikanische Kontinent ist eine große Quelle von Kompetenzen und Daten, hat aber gleichzeitig eine Reihe sozioökonomischer und ökologischer Probleme“, so Owusu. Staatliche Zuschüsse, um diese zu lösen, gebe es kaum. „MeerWissen bietet die Möglichkeit, Umweltprobleme und ihre Auswirkungen auf internationaler Basis zu untersuchen“ , sagt Merico. Denn klar sei: Die Folgen ökologischer Veränderungen sind global, sie betreffen nicht nur ein Land oder einen Kontinent, sondern die ganze Welt. MeerWissen zeigt, wie gemeinsam etwas für den Schutz der Umwelt getan werden kann.